Über die Liebe
- Yannick Schmuch
- vor 5 Tagen
- 9 Min. Lesezeit
Ich bin nicht verliebt in Jesus…
Ebenso wenig bin ich verliebt in meine Mama, auch nicht in meinen Papa.
Ich bin auch nicht verliebt in Dina.
Und ich bin auch nicht verliebt in die Gemeinde.
Nein…. Ich liebe sie!
Ich liebe die Gemeinde.
Ich liebe Dina.
Ich liebe Mama und Papa.
Und: Ich liebe Jesus!
In den letzten Wochen habe ich mich persönlich mehr mit der Frage beschäftigt: Liebe ich, oder bin ich verliebt? Gibt es überhaupt einen Unterschied? Wenn ja, welchen?
Da zu dieser Zeit dann mein Predigttermin auch immer näher rückte, dachte ich mir, ich schreibe eine Predigt über das Thema und Teile meine Gedanken mit euch. Der Name dieser Predigt ist also schlicht und ergreifend: Über die Liebe.
Ich möchte zu Beginn kurz über die eben schon angesprochenen Unterschiede der Liebe zum Verliebtsein besprechen, möchte dann im Anschluss darüber reden, was Liebe eigentlich bedeutet, was die Liebe Gottes bedeutet, wie diese sich zeigt und wie wir in dieser Liebe den Menschen begegnen können, und wieso diese Nächstenliebe so wichtig ist.
Ich bin im „Liedergremium" dabei, also die Gruppe, welche per Abstimmungen entscheidet, welche Lieder nächstes Jahr im Gottesdienst gesungen werden. Zufälligerweise haben wir heute besagtes Lied, über das ich sprechen möchte, gesungen: „Ich geb alles hin, will nur bei dir sein, ich bin ein Verliebter.“ – Dieses Lied war für mich einer der Gründe, mich mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen. Wieso fällt es mir persönlich schwer zu sagen, ich bin ein Verliebter in Jesus?
Um einer Antwort auf diese Frage näher zu komme, möchte ich kurz etwas aus meinem Leben erzählen. Vor einigen Monaten habe ich gemerkt, dass sich in meiner Beziehung zu Dina etwas verändert hat: Die Art, wie ich sie sehe und wie ich über sie fühle hat sich verändert. Ich habe dann nach einer Begründung gesucht und kam für mich selbst zu dem Entschluss, dass ich vom Status „verliebt sein“ hinüber ging zum Status „lieben“. Aber wo ist da für mich der Unterschied? Was heißt verliebt sein, und was heißt lieben?
Naja, ein Verliebter bin ich dann, wenn ich in jemanden verliebt bin. Ich persönlich habe „verliebt sein" folgendermaßen erlebt und definiere es auch so:
Ich habe die berühmt-berüchtigte „Rosarote Brille" auf, ich idealisiere mein Gegenüber. Die Fehler, die mein Nächster macht, werden von mir „übersehen“ oder gut geredet, ich habe wohl durch meine Hormone und die Liebesgefühle eine getrübte Wahrnehmung und sehe mein Gegenüber vermutlich nicht mit klarer Sicht. Ich fühle mich sehr wohl bei der Person und sehne mich nach körperlicher und emotionaler Nähe. Ich habe Sehnsucht nach der Person … aber kann ich diesem Gefühl wirklich trauen? Kann ich dieser Person wirklich trauen? Kann ich dieser Person meine Schwächen offenbaren und darauf vertrauen, dass sie in guten und schweren Zeiten zu mir steht?
Nein… im Stadium des Verliebtseins kann ich, meiner Meinung nach, diese Fragen nicht mit einem ehrlichen und ganz klaren Ja beantworten. Weil ich eben diese Person idealisiere und keinen klaren Blick habe.
Sollte für dich die Phrase „verliebt sein“ etwas anderes bedeuten… kein Problem. Aber für die nächsten Minuten bitte ich dich, kurz auf meine Definition umzusteigen.
Wie ist das ganze jetzt aber in meiner Beziehung zu Jesus?
All die schönen Dinge am Verliebtsein, die ich eben genannt habe, habe ich an Jesus auch. Ich sehne mich nach ihm, habe meist Schmetterlinge im Bauch und möchte Nähe zu ihm. ABER ich idealisiere Jesus nicht, ich habe in der Beziehung zu ihm keine „Rosarote Brille" auf. Ich kann mit meinen tiefsten Sorgen, meinen glücklichsten Momenten, mit jedem Gedanken, zu ihm kommen – und das mit der absoluten sicheren Gewissheit, dass er mir zuhört. Dass er bei mir ist, und danach auch weiter bei mir bleiben wird. Ich habe eine Gewissheit darüber, wie ich ihn liebe, eine Gewissheit, wie er mich liebt, wie er mich bis über seinen eigenen Tod hinaus liebt.
Kein unbegründetes Hoffen oder Denken von „Er liebt mich“, sondern ein Erleben dieser Liebe und die absolute Gewissheit von „Er liebt mich“!
„Verliebt sein“ ist für mich ein Gefühl, dem ich nach gehe. Ich verliebe mich in eine Frau und aufgrund dieses Gefühls sehne ich mich nach ihr; ich habe mich in Dina verliebt und bin diesem Gefühl nachgegangen…, aber Psychologische und neurobiologische Studien zeigen, dass die Phase intensiver Verliebtheit – auch „Limerenz“ oder „passionate love“ genannt – meist nach etwa 12 bis 24 Monaten abklingt. Und so habe ich es in meiner Beziehung zu Dina eben auch wahrgenommen.
Und wenn du dieses Gefühl nicht mehr hast, stehst du vor folgender Aufgabe: Möchtest du dich entscheiden zu lieben? Möchte ich meine Frau lieben, auch wenn ich es gerade nicht fühle… auch wenn gerade eine Wüstenzeit ist…
Und... Möchte ich mich entscheiden, Jesus zu lieben, auch wenn ich es gerade nicht fühle und ich vielleicht in einer Wüstenzeit stecke? Ich möchte keinem Gefühl nachgehen: „Hey, ja, du, ich liebe dich, wenn ich es gerade fühle, ich liebe dich, wenn wir grad 'ne gute Zeit haben, aber wenn's mal schlecht läuft, wenn ich gerade von dir keine Liebe spüre…. Dann gebe ich dir sicher auch keine…“ Nein! So will ich nicht „lieben“!Ich will mit Herzen die Entscheidung treffen zu lieben! Lieben in Zeiten, wo ich diese „verliebtheits-Gefühle“ spüre und lieben in Zeiten, wo mir alles andere leichter fallen würde.
Und daher sage ich es jetzt noch einmal, wie ich es für mich selbst sehe: Ich bin nicht verliebt in Jesus, ich gehe keinem Gefühl nach. Ich liebe Jesus, ich gehe einer Entscheidung nach!
Einen Satz, den ich auch noch mitgeben möchte, der auf jegliche Liebesbeziehungen angewendet werden kann, ist:
Lieben bedeutet nicht, was kann ich vom anderen bekommen? Lieben bedeutet, was kann ich dem anderen geben!
Jetzt spreche ich die ganze Zeit über Liebe. Liebe zu Jesus, seine Liebe zu mir. Aber was genau meine ich jetzt damit? Verliebt sein haben wir jetzt geklärt… ;)
Lieben ist dann zum einen all die positiven Dinge vom Verliebtsein. Vielleicht nicht dauerhaft, wie z.B. die Schmetterlinge im Bauch, auch nach 20 Jahren Ehe - aber doch immer wiederkehrende Verliebtheitsgefühle, eine Sehnsucht nach seinem Partner, nach Jesus; die Sehnsucht, ihn oder sich immer näher kennenzulernen und Zeit zu zweit zu verbringen, ...
Aber es gehört dann noch so viel mehr dazu!
Hohelied 8:6-7:
Denn stark wie der Tod ist die Liebe und ihre Leidenschaft so unentrinnbar wie das Totenreich. Ihre Glut lodert wie Feuer; sie ist eine Flamme des HERRN. Große Wassermassen können die Liebe nicht auslöschen, Ströme sie nicht überfluten. Und wenn einer seinen ganzen Besitz hergäbe, um sich die Liebe zu erkaufen, so würde man nur über ihn spotten.
Es gibt sicherlich noch hunderte Dinge, die man zur Liebe noch addieren kann. Ich möchte hier und jetzt aber über einen Aspekt sprechen:
Liebe heißt: „Ich bin für dich da!“. Liebe heißt: „Ich diene dir!“ Und das erst recht, wenn Probleme und Zweifel entstehen.
Das gilt nicht nur für uns Menschen, nein auch für die Liebesbeziehung mit unserem Herrn.
Wir sehen das am Kreuz am besten: Christus war für uns Sünder da, er diente uns, und selbst im Zweifel und bei Problemen blieb er standhaft in seiner Liebe zu uns. Jesus zeigte uns das vollkommene Beispiel.
In Johannes 15:13 steht: „Größere Liebe hat niemand, als diese, dass jemand sein Leben lässt für seine Freunde.“
Niemand liebt mehr als jener, der für seine Freunde stirbt…
Der Grund, wieso Jesus also auf die Welt kam und für uns starb, ist demnach tief in der Liebe begründet, weil er eben am meisten liebt, die größte Liebe hat, die Liebe ist.
Ich möchte jetzt frei übersetzt von einem Video des Predigers Dan Mohler, das ich sah, zitieren:
„Könnt ihr euch vorstellen, dass Jesus am Weg zu seiner Kreuzigung das Kreuz fallen lässt, es weg wirft…
Mir reicht's! Ich habe genug von euch! Ihr habt euch bis jetzt nicht verändert und ihr werdet es auch nicht mehr. Ich habe euch nie Schlechtes getan, ich wollte euch immer nur Gutes. Ihr habt mein Vertrauen und mein Herz gebrochen, wieder und wieder und wieder. Und auch, wenn es euch jetzt leidtun sollte… woher weiß ich, dass ihr es nicht noch einmal machen würdet? Ich bin fertig mit euch! Das war's jetzt!"
Jeder von uns hat sich vielleicht schonmal so gefühlt, so gesprochen oder jemanden so behandelt….
Aber wir können es uns nicht einmal vorstellen, dass Jesus so handeln und sprechen würde.
Der Grund, wieso er es nicht tut, der Grund wieso er eben so handelt wie er handelt, ist, weil er die Liebe ist. Und er eben, wie ich vorhin beschrieben habe, auch im Zweifel, in Schmerz und in Problemen für seine Geliebten da ist.
Genau erklärt ist das noch einmal in 1. Johannes 4:7-12. (Aus Bibel lesen)
Ich möchte da jetzt noch einmal die „Schlüsselszenen“ hervorheben und euch nach jedem Satz kurz Zeit geben, darüber nachzudenken:
Lasst uns lieben, denn die Liebe ist aus Gott, und wer liebt, der kennt Gott
Wenn du nicht liebst, dann hast du Gott nicht erkannt
Gott ist die Liebe
Die Liebe [also Gott] wurde durch die Taten und das Handeln Jesu unter uns sichtbar; durch diese Liebe haben wir Gott erkannt
Die Liebe besteht nicht darin, dass wir Gott geliebt haben, nein, sie besteht darin, dass Gott uns zuerst geliebt hat und dies am Kreuz von Golgatha bewiesen hat; mit dem größten Liebesbeweis der Geschichte
Weil uns Gott liebt, sollen wie einander lieben – denn dann bleibt Gott in seiner 100%igen vollkommenen Liebe in uns
Als letzten Punkt möchte ich auch über den als letzten erwähnten Vers reden:
Weil er uns geliebt hat, sollen wir einander lieben - und ich denke, darunter fallen nicht nur die Glaubensgeschwister. Das wäre vom Weltlichen gesehen her ja im Vergleich recht einfach, diese zu lieben. Aber wenn man an Lukas 6:27-28 denkt …Liebt eure Feinde; tut Gutes denen, die euch hassen; segnet, die euch verfluchen, und bittet für die, die euch beleidigen… dann fällt mir das doch deutlich schwerer. Obwohl, es fällt mir nicht nur schwer. Es kommt mir schier unmöglich vor! Es widerspricht dem, wie unser eigentlicher Verstand funktioniert: Lieben, die mich hassen; segnen, die mich verfluchen; beten und bitten für jene, die mich beleidigen;… das widerspricht meiner Natur und ich kann das aus meiner Kraft auch gar nicht. Also wie soll das gehen?
Das stimmt, ich kann das aus meiner Kraft tatsächlich nicht - zumindest nicht auf Dauer. Ich bin da auf eine andere Kraft angewiesen. Wenn wir zurück denken: Weil er uns liebt, sollen wir einander lieben… Oder: Weil er uns liebt, „können“ wir einander lieben.
Wenn ich in der Situation bin, einen „Feind“, der vor mir steht, zu lieben, oder ich weiß auf dem Weg zur Schule schon, dass ich wohl in solch eine Situation kommen werde, bete ich immer das selbe Gebet:
„Danke, Herr, dass du mich so sehr liebst! Danke, dass du aus Liebe für mich gestorben bist und mich mit Liebe überfüllst. Die Liebe, die ich von dir bekommen habe und bekomme, möchte ich weitergeben. Lass mich die Menschen so sehen, wie du sie siehst und hilf mir, ihnen mit deiner Liebe in Liebe zu begegnen.“
Eine Botschaft aus diesem Gebet möchte ich nochmal offenlegen: „Lass mich die Menschen so sehen, wie du sie siehst"...
Wieso bete ich das? Naja, bei manchen Leuten denke ich mir dann doch wirklich: „Hey, wie soll ich DICH bitte lieben? Und wie kann Gott dich lieben???“ Sobald du darum bittest, diesen Menschen so zu sehen, wie Gott es tut, du anfängst, zu spüren, was Gott an ihm liebt, dann, verspreche ich dir, wird es dir leichter fallen, diesem Menschen mit Liebe zu begegnen.
Und als kleiner Tipp dazu, wie du Gott hörst, um die Menschen so zu sehen, wie er es tut, bete mit offenem Herzen, und der erste positive Gedanke, der dir über die Person kommt, ist dann von Gott. Denn Gott sagt ja auch „Meine Schafe hören meine Stimme“ (siehe Johannes 10).
Ein weiterer fundamentaler Ausdruck der Liebe und der Nächstenliebe ist Vergebung. Diese kann ein wahrer Liebesbeweis sein. Doch wie sieht Vergebung durch Liebe praktisch aus?
Ein Beispiel: Bei mir Zuhause wird eingebrochen. Einiges wird gestohlen und mein Heim wird verwüstet hinterlassen. Der Einbrecher zieht weiter und bricht in die nächsten Häuser ein. Immer und immer wieder. Dann wird er geschnappt und ich stehe vor der Entscheidung, ob ich Anzeige erstatte oder nicht. Ich stehe vor der Entscheidung. ob ich ihn Anzeige, oder ob ich ihm vergebe??? Nein! Beides soll der Fall sein! Ich soll ihm seine Taten vergeben, aber aus Liebe und der daraus resultierenden Gerechtigkeit sollte ich ihn trotzdem Anzeigen.
1. Korinther 13:6 „Die Liebe freut sich nicht am Unrecht, sondern freut sich, wenn die Wahrheit siegt.“
Ich soll ihm seine Taten vergeben, aber nicht vergessen im Sinn von, ich soll ihm nicht sagen: „Alles super, was du gemacht hast, komm ruhig wieder und mach's nochmal“. Nein, er soll gerecht verurteilt werden. ABER ich soll ihn trotzdem noch immer lieben, für ihn bitten und beten, und ihm Gottes Segen und Liebe wünschen/zusprechen…
Neben allem, was ich bis jetzt gesagt habe, bleibt die Liebe für unsere Feinde wohl doch eine der schwierigsten „Disziplinen“ des christlichen Glaubens. Es ist so leicht, jemanden zu lieben, der mir Liebe zurück gibt, so macht es ja auch die Welt (Lukas 6:32), aber wir sind eben (Johannes 17:16) nicht von dieser Welt, ebenso ist Jesus nicht von dieser Welt. Und er lebt es ganz radikal vor, wie man seine Feinde lieben kann. „Herr vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun“. Aus Liebe zu denen, die ihn im Moment brutal kreuzigen, erniedrigen und foltern, bittet er aus Liebe zu ihnen seinen Vater um Vergebung für sie…
Liebt eure Feinde, das ist genau das, was Jesus in diesem Moment tut - und uns vorzeigt, wie es geht. Diese unbegreifliche Liebe, die Jesus für uns Menschen hat, kommt ja eben auch in diesem Moment wieder zur Geltung. Menschlich gesehen kannst du deine Peiniger in diesem Moment ja unmöglich lieben… Aber Jesus kann es. Er hat diese Liebe. Und das Geniale ist doch: Diese Liebe steckt nun auch in uns. Wenn wir Gott in uns haben, der ja selbst die Liebe ist, dann haben wir ja durch ihn alles, was es benötigt, um unseren Freunden und Feinden mit Liebe zu begegnen. In so eine extreme Lage, wie diese, in der Jesus war, werden wir - hoffentlich - nicht kommen. Unsere Feinde sind heutzutage meist weniger brutal, als diese Menschen zu Jesus waren, aber wenn er seine Feinde dort lieben konnte, können auch wir unsere Feinde durch seine Liebe lieben.
Lasst uns immer näher zum Ebenbild Jesu werden.
Ich möchte noch beten.
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