Ich erinnere mich noch gut an eine Situation als ich ca. 12 Jahre alt war. Ich ging in die Jungschar einer Freikirche in unserer Stadt. Dort gab es Shirts mit der Aufschrift „Du brauchst Jesus – Jesus braucht dich“ zu kaufen. Als begeisterter Jesus Nachfolger zog ich dieses Shirt gleich in der Schule an. Mit dem Ergebnis, dass ich angerempelt und mit den Worten „Hallo Jesus“ bedacht wurde.
Heute würde mich diese Anrede mit größtem Stolz erfüllen, damals tat es meiner junggläubigen Seele so weh, dass ich innerlich beschloss, meinen Glauben nicht mehr so an die große Glocke zu hängen.
Ich denke, dass viele von uns solche Erlebnisse hatten und immer wieder haben. Du bist von Jesus begeistert und möchtest diese Begeisterung mit allen Menschen auf der Welt teilen, aber du merkst, dass als Reaktion nur ein müdes Lächeln, vielleicht Spott, vielleicht sogar aggressive Ablehnung kommen.
Kurzer Szenenwechsel:
Diese Woche war ich bei einer Dienstbesprechung für Religionslehrer im Mühlviertel. Unsere Fachinspektorin erzählte von einer herausfordernden Situation in ihrer Familie. Um eine Lösung zu finden, tat sie etwas, was mich sehr inspiriert und ermutigt hat: Sie suchte in der Bibel nach vergleichbaren Begebenheiten und wie dort ähnliche Probleme gelöst wurden.
Gibt es in der Bibel vergleichbare Situationen, wie ich es Jugendlicher erlebt hatte? Jede Menge! Es geht um das Thema Ablehnung.
Wir befinden uns auf einer Reise durch das Markusevangelium. Ich möchte mit euch heute da weitermachen, wo wir vor zwei Wochen aufgehört haben. Da ging es um Gesetze und Gebote und darum, dass Gott sein Gesetz in unser Herz geschrieben hat, damit wir nicht mehr dem Buchstaben des Gesetzes folgen müssen, sondern die Freiheit haben, uns vom Geist Gottes leiten zu lassen, so dass wir auf diese Weise das tun (können), was Gott möchte.
Da mir größere Zusammenhänge, gerade beim Bibellesen sehr wichtig sind, möchte ich heute durch das ganze dritte Kapitel im Markusevangelium gehen. Wir werden zwar nicht alles lesen, aber fast alles was dort berichtet wird hat etwas mit Ablehnung zu tun.
Jesus ist ja unser großes Vorbild. Er ist der Prototyp des Menschen, so wie Gott sich uns und unser Leben vorgestellt hat. An Jesus können wir wunderbar ablesen, wie er auf Herausforderungen reagiert. Auf diese Weise lernen wir dieses neue Leben, das Gott für uns bereit hält ganz praktisch ein.
Jesus wurde von vielen begeistert aufgenommen, aber er erfuhr sehr oft auch Ablehnung. Nicht nur einmal. Die Ablehnung, mit der er konfrontiert war, ging weit über das Hänseln in der Schule hinaus.
Schauen wir und jetzt Mk 3 an: Als erstes wird von einer Heilung berichtet. Jesus machte die verkrüppelte Hand eines Mannes wieder gesund. Ausgerechnet an einem Sabbat! Das was bei uns heute und wahrscheinlich auch bei vielen Synagogenbesuchern damals Begeisterung und Halleluja Rufe auslösen würde führte dazu, dass die Pharisäer konkrete Pläne schmiedeten, wie sie Jesus töten könnten. (V6) Und das bekam Jesus mit.
Stell dir vor, du tust etwas wirklich Gutes. Etwas, von dem du überzeugt bist, dass du es tun sollst, aber als Reaktion darauf erntest du Ablehnung… Wie würde es dir dabei gehen? Welche Schlüsse für dich würdest du daraus ziehen?
Als nächstes wird in Mk 3 berichtet, dass sehr viele Menschen aus der ganzen Gegend zu Jesus kamen, um von ihm geheilt zu werden. So viele, dass er fast erdrückt wurde. (V9) Aber auch da gab es Ablehnung von geistlicher Seite: (V11) <em>Und alle, die von bösen Geistern besessen waren, fielen vor ihm nieder und schrien: »Du bist der Sohn Gottes!«</em>
Hast du schon einmal dämonisch besessene Menschen schreien gehört? Selbst wenn das, was sie schrien richtig war, wollte Jesus in keinster Weise etwas mit dieser Publicity zu tun haben.
Die Verse 13-19, in denen berichtet wird, wie Jesus seine zwölf Apostel erwählt passt auf den ersten Blick nicht so ganz ins Bild, aber auch dieser Abschnitt endet damit, dass als zwölfter Jünger Judas erwähnt wird. Jener Judas, der Jesus später verriet. Auch da spüren wir schon etwas von der Ablehnung aus dem engsten Freundeskreis, die Jesus widerfuhr.
Weiter geht es dann mit den Versen 20-30, die ich mit euch gemeinsam lesen möchte:
Mk 3, 20-30 (NL):
20 Als Jesus in das Haus zurückkehrte, in dem er wohnte, kamen wieder so viele Menschen zu ihm, dass er und seine Jünger nicht einmal Zeit fanden zu essen.
21 Als seine Familie davon hörte, wollten sie ihn [mit Gewalt] zu sich nach Hause holen. »Er hat den Verstand verloren«, meinten sie.
22 Doch die Schriftgelehrten, die aus Jerusalem gekommen waren, erklärten: »Er ist vom Satan [wörtlich Beelzebul], dem Obersten der Dämonen, besessen. Daher hat er die Macht, Dämonen auszutreiben.«
23 Jesus aber rief sie zu sich und erzählte ihnen folgendes Gleichnis: »Wie kann denn der Satan den Satan austreiben?«, fragte er.
24 »Ein Königreich, das mit sich selbst im Krieg liegt, wird fallen.
25 Ein Haus, das in sich selbst zerstritten ist, wird untergehen.
26 Und wenn der Satan gegen sich selbst kämpft, wie kann er dann bestehen? Er würde niemals überleben.
27 Lasst es mich euch so erklären: Man kann nicht in das Haus eines starken Mannes eindringen und ihn berauben, ohne ihn zuerst zu fesseln. Erst dann kann man sein Haus ausrauben!
28 Ich versichere euch: Jede Sünde kann den Menschen vergeben werden und auch jede Gotteslästerung.
29 Wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, dem wird niemals vergeben werden. Diese Sünde währt ewig.«
30 Das sagte er zu ihnen, weil sie behaupteten, er habe einen bösen Geist.
Ein sehr herausfordernder Text.
Wieder sieht sich Jesus mit zwei harten Ablehnungsfronten konfrontiert: Zuerst wird er von seiner eigenen Familie für verrückt erklärt. Er heißt zwar „Blut ist dicker als Wasser“. Also die „Familienbande“ ist eines der stärksten Verbindungen überhaupt. Gerade in der Familie kennt man einander sehr gut und lernt – zumindest in einer intakten Familie – einander zu vertrauen. Aber das heißt nicht, dass diese Bande nicht auch zerrissen werden kann. Gerade deshalb ist die Ablehnung innerhalb der Familie eines der schmerzhaftesten überhaupt.
Es ist schon interessant: Jesus war ein absoluter Star. Tausende Menschen waren begeistert von ihm. Er heilte, er lehrte, er trieb Dämonen aus, er liebte die Menschen und er verkündete Gottes Botschaft. Er war weit über die Grenzen hinaus bekannt, geradezu berühmt. Trotzdem hielt ihn seine eigene Familie für verrückt. Statt sich im „Erfolg“ des Verwandten zu sonnen, so wie es viele tun, die eine Berühmtheit in ihrer Verwandtschaft haben, distanzieren sie sich von ihm und wollen ihn sogar mit Gewalt daran hindern, seinem von Gott gegebenen Auftrag nachzukommen.
Ich möchte später noch einmal auf seine Familie zurückkommen.
Die zweite Ablehnungsfront durchzieht alle fünf Geschichtsbücher des NTs und in weiterer Folge auch das ganze NT. Es geht um die Ablehnung durch das geistliche Establishment.
Die Pharisäer hier stehen für eine Gruppe von Menschen, die sich gerne als Repräsentant des Ganzen sehen. Sie dachten: So wie wir unseren jüdischen Glauben leben, so sollte jeder in Israel leben. Sie erhoben sich zur „Norm“ an der sich alle anderen zu orientieren hatten.
Auch heute gibt es immer wieder Christen die von sich überzeugt sind, die einzig wahren Vertreter Christi auf Erden zu sein. (In anderen Religionen gibt es bestimmt auch derartige Gruppierungen.) Sie fühlen sich beauftragt Menschen, die ihren Glauben anders sehen oder leben wollen, zurecht zu weisen, oder sogar zu bekämpfen. Das Internet ist voll von selbsternannten Glaubenspolizisten, die offensichtlich nichts anderes zu tun haben, als genau zu beobachten, was andere falsch machen, um dann die „Irrlehrer“, „Verführer“, oder „Abgefallenen“ an den virtuellen Pranger zu stellen.
Wie oft habe ich da schon Aussagen gelesen, dass beispielswiese die Pfingstbewegung „von unten“ inspiriert sei, oder auch, dass der Teufel ja ebenfalls große Wunder tun könne und wir uns deshalb nicht mehr nach dem übernatürlichen Wirken des Heiligen Geistes ausstrecken sollen…
Wo immer ich etwas von diesem Geist den die Bibel mit „Ankläger unserer Brüder“ bezeichnet verspüre, befasse ich mich nicht weiter damit.
Jesus war auch mit solchen Anklagen konfrontiert, aber er ließ sich dadurch nicht von seinem Weg abbringen.
Ihm wurde, so wie vielen gesalbten Frauen und Männern Gottes nach ihm vorgeworfen, mit dem Teufel im Bunde zu stehen und deshalb seine Wunder wirken zu können.
Wie reagierte er darauf? Unerwartet heftig. Diese Anschuldigungen prallten an ihm nicht einfach ab, weil er ohnedies „über den Dingen“ stand. Er zog sich auch nicht so wie ein Buddha in sich selber zurück und meditierte das Problem weg.
Er bezog Stellung und stellte Dinge klar. Aber ich denke, es war nicht die Ablehnung an sich, die ihn dazu brachten, die vorhin gelesenen Gleichnisse zu erzählen. Es ging ihm niemals darum, Anerkennung bei den Pharisäern zu finden. Deshalb hat ihn ihre Ablehnung sicher nicht persönlich getroffen. Trotzdem konnte er diese Anschuldigung nicht einfach auf sich sitzen lassen.
Wie eigentlich immer bei Jesus, drehte er den Spieß um. Aus der Ablehnung und der Anklage gegen ihn, machte er etwas Gutes. Er nahm die Situation zum Anlass, uns über die Geheimnisse der geistlichen Welt zu informieren und uns eine Strategie in die Hand zu geben, wie wir erfolgreich kämpfen können.
Um auf seine Gleichnisse einzugehen:
Das Erste, das Jesus ganz klar aussagt, ist die Wichtigkeit der Einheit, vor allem, wenn es um den geistlichen Kampf geht.
24 Ein Königreich, das mit sich selbst im Krieg liegt, wird fallen.
25 Ein Haus, das in sich selbst zerstritten ist, wird untergehen.
Das gilt hier für den Feind Gottes, es gilt aber in gleicher Weise auch für uns Christen. Sowohl auf lokaler Ebene vor Ort, als auch im größeren Kontext.
Ich bin sehr froh, dass dieser Wert der Einheit nicht nur innerhalb der Gemeinde und innerhalb unserer Region sehr hoch gehalten wird. Unsere „Echad“ Treffen beispielsweise in der wir Mühlviertler Pastoren und Gemeindeleitungen uns treffen, sind von gegenseitiger Wertschätzung, Freundlichkeit und Liebe geprägt. Da empfinde ich keinerlei Konkurrenzdenken, Neid, Missgunst oder ähnliches.
Ich bin auch sehr froh, dass es auf nationaler Ebene in den letzten Jahrzehnten sehr große Schritte aufeinander zu gegeben hat. Gerade was die Pfingstlich – Charismatischen Kirchen und die „Evangelikalen“ Gemeinden angeht. Diese beiden Gruppen waren ja bis in die 1980er Jahre hinein sehr zerstritten. Da gab es Gott sei Dank viel Vergebung und Aussöhnung durch beide Seiten.
Die Freikirchen Österreichs, wie wir sie heute haben in der 5 Bünde unterschiedlichster Prägung Seite an Seite das Reich Gottes in Österreich bauen wäre vor 40 Jahren noch unvorstellbar gewesen.
Etwas, das diese Einheit möglich gemacht hat, war dass man die gegenseitige Ablehnung aufgegeben hat und auf einander zugegangen ist. Oftmals beruht Ablehnung ja nur auf Grund eines falschen Bildes, das man vom anderen hat. In jedem Fall ist Ablehnung aber das genaue Gegenteil von Annahme, das ja ein sehr zentraler Grundwert des Reiches Gottes allgemein und unserer Gemeinde ganz im Speziellen ist.
Das Zweite, was Jesus mit seinen Gleichnissen ganz klar aussagt, ist banal ausgedrückt, dass der Stärkere gewinnt: V 27
Man kann nicht in das Haus eines starken Mannes eindringen und ihn berauben, ohne ihn zuerst zu fesseln. Erst dann kann man sein Haus ausrauben!
Heißt das, dass wir so einfach den Satan binden können und er dann keinen Einfluss auf uns hat? So einfach ist das leider nicht. Wenn es so einfach wäre, würde die Christenheit anders aussehen.
Aber Jesus hat es vorgemacht, dass <em>er</em> sehr wohl den Feind Gottes besiegen kann und auch schon besiegt hat. Nicht nur in der Zeit der Versuchung in der Wüste und wenn er Dämonen austrieb, sondern ganz im Besonderen am Kreuz von Golgatha. In einem Moment, als der Teufel dachte, er habe Jesus überlistet, musste er spätestens „am dritten Tag“ feststellen, dass Jesus der Sieger ist. Sieger über den Tod, aber auch Sieger über den Satan, der nun nichts mehr in der Hand hat, mit dem er uns anklagen kann, weil Jesus alle unsere Sünde und Schuld für uns getragen hat.
Weil dieser Sieger Jesus jetzt für uns kämpft, dürfen wir in seinem Namen in das „Haus des starken Mannes“ eindringen, ihn fesseln und berauben. Jesus gibt uns die Autorität die Werke des Feindes zu vernichten und die Hölle zu plündern.
Klar, dass die Gegenseite nicht erfreut darüber ist und daher mit Ablehnung reagiert. Aber kann uns das wirklich etwas anhaben?
Ablehnung ist nur dann wirklich schmerzhaft, wenn ich von jemandem abgelehnt werde, von dem ich eigentlich Anerkennung suche.
Suchst du Anerkennung beim Feind? Natürlich nicht! Sucht du Anerkennung bei der Welt, die ja vom Feind dominiert wird?
Da wird es schon nicht mehr so einfach. Zum einen, weil wir ja nach wie vor in dieser Welt leben, zum anderen, weil in der Welt ganz viele Menschen leben, die uns am Herzen liegen. Eltern, Geschwister, Kinder, Freunde usw. Instinktiv wollen wir nicht, dass sie uns aufgrund unseres Glaubens ablehnen. Aber andererseits wollen wir auch keine faulen Kompromisse eingehen.
Jak 4,4: Ist euch denn nicht klar, dass Freundschaft mit der Welt zugleich Feindschaft gegen Gott bedeutet?
Jesus selbst hat uns gesagt, dass wir um seinetwillen gehasst werden. Von dieser Welt abgelehnt zu werden gehört zum Christsein dazu.
Aber! Unser Zuhause, unsere Identität ist nicht mehr in dieser Welt. Sie ist allein in Jesus. Wenn wir uns dessen bewusst sind, wird uns die Ablehnung, die wir erfahren nicht mehr (so hart) treffen.
Und wir bekommen in Jesus die Kraft und die Autorität, den Vater der Ablehnung zu binden und ihn auszurauben.
Am Ende von Mk 3 versuchen Jesu Mutter und seine Geschwister nochmals ihn von seinem Weg abzubringen. Auch da kann man zwischen den Zeilen lesen, dass sie nicht gekommen waren um ihm zu folgen, sondern weil er ihnen peinlich war. Sie wollten, dass er wieder „normal“ wird. Sie lehnten also ihn und seine göttliche Berufung ab.
Es ist schon interessant, dass selbst Maria, die ja bereits vor seiner Geburt wusste, dass ihr Sohn in ganz besonderer Weise von Gott auserwählt war, seinen Dienst und letztendlich damit auch ihn ablehnte. Auch wenn sie später unter seinem Kreuz stand und ihn als den Sohn Gottes erkannte. Aber in dieser Situation erkannte sie seine wahre Identität nicht.
Wie reagierte Jesus darauf?
Er stellte eine ganz einfache Frage: (V 33-35)
»Wer sind meine Mutter und meine Geschwister?«
Er schaute auf die, die um ihn herum im Kreis saßen, und sagte: »Seht genau hin: Das ist meine Mutter und das sind meine Geschwister!
Denn wer auch immer den Willen Gottes tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter!«
Jesus sprengt diese Blutsbande seinerseits, indem er Familie ganz neu definiert. Zurecht sehen wir in der Gemeinde einander als Brüder und Schwestern, auch wenn wir nicht im herkömmlichen Sinn miteinander Verwandt sind.
In dieser Familie gibt es Annahme, statt Ablehnung, gibt es Liebe statt Hass und echtes füreinander da sein, statt Konkurrenzkampf.
Wenn du Teil dieser neuen Familie Gottes bist, dann bleibt dir die Ablehnung durch die Welt zwar nicht erspart, aber diese Ablehnung wird dich nicht mehr prägen. Die Liebe, die du hier erfährst, deckt nicht nur viele Sünden zu (Spr 10,12), sie hilft dir auch Ablehnung freudig zu ertragen. Du bist dann nicht der/die Abgelehnte, sondern der/die Geliebte. Das ist deine wahre Identität als Kind Gottes.
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