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  • Peter Köttritsch

Mk 2, 18-22 Neues Kleid, neuer Wein, neue Formen

Aktualisiert: 19. Juli 2021

Treffen sich zwei Magnete.


Sagt der eine: „Du, ich weiß noch gar nicht, was ich heute anziehen soll.“



Nicht nur bei Kleidern geht es ums anziehen. Aber man sagt natürlich: Kleider machen Leute. Manchmal kommt es sogar bei mir vor, dass ich mir ein neues Kleidungsstück kaufe. Dieses neue T-Shirt, oder was auch immer ich erstanden habe, ziehe ich dann besonders gerne an. Das Problem mit neuen Sachen (nicht nur neuen Kleidungsstücken) ist halt, dass die auch in kürzester Zeit nicht mehr neu sind. Natürlich gibt es da Unterschiede. Computer sind schon ab dem Moment alt, wenn du sie aus dem Geschäft hinausträgst. Einen Einrichtungsgegenstand, z.B. eine Küche empfindest du vielleicht ein, zwei Jahre lang als Neu. Aber irgendwann ist überall der Zahn der Zeit bemerkbar.


Bereits zu biblischen Zeiten gab es alte und neue Kleidung. Jesus erzählte einmal ein Gleichnis darüber. Und damit kommen wir endlich zur Fortsetzung unserer Reise durch das Markusevangelium.



Es ist schon ein paar Wochen her, da habe ich euch über die Matthäusparty erzählt. Also eine Party, die dieser Matthäus geschmissen hat, damit seine Freunde, die alles andere als religiös waren, Jesus kennen lernen. Und in diesem Zusammenhang wurde ganz klar ersichtlich, dass Jesus sich nicht an gesellschaftlichen, oder gar religiösen Erwartungshaltungen orientierte, sondern er das tat, was seinem Auftrag entsprach: Nämlich Menschen ins Reich Gottes hinein zu lieben.


Wir haben am Montag in einer GL Klausur darüber gesprochen, wie wir mit Menschen umgehen wollen, die nicht in das klassische bipolare Geschlechterverständnis hineinpassen. Aus welchem Grund auch immer. Wir haben uns gefragt: Was würde Jesus dazu sagen? Wie würde Jesus diesen Menschen begegnen?


Wenn ich das, was ich in den Evangelien über ihn lese auf heute ummünze, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass er eher auf den Life Ball, oder eine Regenbogen Parade gehen würde, als auf eine christliche Konferenz. Aber nicht um sich dort nur zu amüsieren, und schon gar nicht um die LGBT Community zu verurteilen! Sondern um den Menschen dort zu demonstrieren, was echte Liebe, nach der sich gerade diese Männer und Frauen ausstrecken, wirklich ist.



Nachdem wir als Gemeinde das Reich Gottes repräsentieren, muss uns auch wichtiger sein, diese Menschen ins Reich Gottes hinein zu lieben, als uns darüber Sorgen zu machen, was vielleicht andere Christen und Gemeinden über uns denken, weil wir uns nicht klar genug gegen „die Welt“ und deren Sünd- und Lasterhaftigkeit abgrenzen.



Kommen wir aber zurück zum Gleichnis über alte und neue Kleidung. Wir finden diesen Text in Mk 2,18-22:


18 Die Jünger von Johannes und die Pharisäer fasteten regelmäßig. Deshalb kamen einige Leute zu Jesus und fragten: »Warum fasten deine Jünger eigentlich nicht wie die Jünger von Johannes und den Pharisäern?«


19 Jesus antwortete ihnen: »Sollen die Hochzeitsgäste etwa fasten, solange der Bräutigam noch bei ihnen ist? Nein, sie werden feiern, solange er da ist!


20 Die Zeit kommt früh genug, dass der Bräutigam ihnen genommen wird. Dann werden sie fasten.


21 Niemand flickt ein altes Kleid mit einem neuen Stück Stoff. Der alte Stoff würde sonst an der Flickstelle doch wieder reißen, und das Loch würde nur noch größer.


22 Ebenso füllt niemand jungen, gärenden Wein in alte, brüchige Schläuche. Sonst bringt er sie zum Platzen. Dann läuft der Wein aus, und die Schläuche sind unbrauchbar. Nein, jungen Wein füllt man in neue Schläuche!«



So wie bei jedem Gleichnis, geht es Jesus nicht um das Bild an sich, in diesem Fall um das Kleid, oder die Weinschläuche, sondern darum einen geistlichen Sachverhalt anhand eines Bildes klar zu machen.


Der Ausgangspunkt ist eine Frage nach dem Fasten. Manche Menschen fasten aus medizinischen Gründen, die meisten jedoch aus religiösen Gründen. Und es wäre absolut falsch aus diesem Gleichnis zu schließen, dass Jesus einen Einwand gegen das Fasten an sich hätte. Er selbst fastete 40 Tage lang bevor er seinen Dienst begann. Und er sagt auch hier ganz deutlich, dass seine Jünger fasten werden, wenn „der Bräutigam von ihnen genommen wird“.


Als die Jünger einmal einen Dämon aus einem Kind nicht austreiben konnten, fragten sie Jesus, warum es ihnen nicht möglich war. Jesu Antwort darauf war: »Solche Dämonen können nur durch Gebet [und fasten]* ausgetrieben werden.« (Mk 9,24)


[* fehlt in manchen Handschriften]


Auch in der Apg lesen wir davon, dass die Gemeinde z.B. vor wichtigen Entscheidungen fastete und betete.



Der Hauptpunkt ist also nicht das Fasten an sich, sondern wie gehen wir mit religiösen Übungen generell um?



Wir kennen ja ebenfalls verschiedenste religiöse Übungen und Gepflogenheiten. Wir lesen als Christen regelmäßigt in der Bibel. Wir beten – nicht nur vor dem Essen, sondern in vielen Situationen und wir treffen uns immer wieder zum gemeinsamen Gebet. Wir fasten auch immer wieder. Zumindest manche von uns.


Wir besuchen den Gottesdienst und andere Zusammenkünfte in der Gemeinde. Wir geben den Zehnten. Wir dienen einander mit unseren Gaben. Wir geben unseren Glauben weiter und wenn wir eine evangelistische Veranstaltung haben, laden wir Nachbarn und Freunde dazu ein. Usw. All das ist sehr gut!


Aber die Frage bleibt: Warum machen wir das?


Es spricht absolut nichts dagegen, in diesen Dingen eine positive Gewohnheit zu entwickeln. Ich brauche am Morgen nicht darüber nachdenken, ob ich heute in der Bibel lesen soll, oder nicht. Ich tu’s einfach!


Aber wenn mein Bibellesen nur mehr zur Routine wird und ich nicht mehr damit rechne, dass der lebendige Jesus mir darin begegnet, werde ich sehr wenig Gewinn daraus ziehen.



Nicht nur Dinge werden mit der Zeit alt, auch gute Gepflogenheiten haben die Tendenz dazu. Und wenn die beste Gewohnheit „alt“ wird, wenn an sich gute Dinge zur Routine verkommen, dann ist es an der Zeit etwas zu ändern.


Jemand hat einmal gesagt: Das Gegenteil von Liebe, ist Langeweile.


Es ist schon klar: Nur weil etwas neu ist, ist es noch nicht automatisch besser. Aber wenn etwas alt geworden ist und den Zweck, wofür es eigentlich da war nicht mehr erfüllt, dann ist es sinnlos daran festzuhalten. Wenn ein paar Schuhe durchgelatscht sind und die Sohle ein Loch hat, brauche ich sie nicht mehr in meinen Schuhschrank zu stellen. Auch wenn es einmal meine Lieblingsschuhe waren.



Leider hat vieles, was mit Religion zu tun hat, sehr eigene Selbsterhaltungstendenzen. Manches wird oft noch Jahrhundertelang weiter zelebriert, obwohl der eigentliche Sinn längst verloren gegangen ist.


Wisst ihr welche Funktion die Birken bei einer Fronleichnamsprozession erfüllen? Ich auch nicht! Nur ohne sie, würde etwas fehlen. Aber was dieses „Etwas“ ist, weiß keiner. Nicht einmal Dr. Google. 😊



Der Glaube an Jesus ist aber etwas Lebendiges, weil Jesus das Leben in Person ist. Deshalb ist es wichtig, darauf zu achten, dass der Sinn unserer Religiösen Übungen nicht verloren geht. Und vor allem, dass unsere Beziehung zu Jesus nicht zur Routine und daher fad wird.



Das Evangelium an sich wird nämlich nicht alt. Die Art und Weise, wie es verkündet wird, ändert sich immer wieder und muss an unsere Zeit angepasst werden.



Vor etwa einem Monat wurde auf unserer WA Plattform „TPL online“ ein Video von einem Influencer auf YouTube gepostet. Er heißt Philipp und lebt mit einem offenen Tumor an der der Brust. Er spricht nicht nur offen über seine Krankheit, sondern vor allem darüber, wie ihm der Glaube an Jesus jeden Tag die Kraft gibt, die er braucht. Er hat die Hoffnung, dass Jesus ihn vollständig heilen wird, aber er sagt: „Selbst, wenn die Ärzte recht behalten und ich bald sterben werde, vertraue ich ganz auf Jesus!“ Das interessante ist: Seine Videos werden millionenfach angesehen. Warum kann ich natürlich nicht beantworten. Manche bestimmt aus Sensationslust, andere vielleicht aus Mitleid. Aber in jedem Fall bekommen all diese Seher mit, welche Kraft der Glaube an Jesus gibt. Und wenn er tatsächlich geheilt wird, ist das ein noch viel größeres Zeugnis für Jesus.


Es gibt sicherlich Christen, die diesem Philipp vorwerfen sich nur wichtigmachen zu wollen. Ich sage: Es ist nicht unsere Aufgabe über seine Motive zu urteilen. In Phil 1 stellt Paulus fest, dass nicht alle die besten Motive haben, warum sie das Evangelium verkünden, aber er kommt in Vers 18 zu dem Schluss: Doch ob ihre Beweggründe nun ehrlich sind oder nicht: die Botschaft von Christus – auf welche Weise auch immer – wird verkündet, und darüber freue ich mich.



Es ist also immer auch eine Frage des Blickwinkels, ob ich mich freuen kann, oder nicht.


Bin ich Neuem gegenüber grundsätzlich ablehnend, kritisch, zweifelnd oder negativ eingestellt, werde ich garantiert das berühmte Haar in der Suppe finden. Ich muss nur lange genug meinen Kopf über dem Teller schütteln.


Wenn ich aber Neuem gegenüber aufgeschlossen bin, dann habe ich die Chance, nicht nur Neues, vielleicht Spannendes zu entdecken, ich werde auch in meinem geistlichen Leben wachsen.


Wie gesagt, nur weil etwas neu ist, muss es nicht unbedingt besser sein, aber wenn ich Neuerungen grundsätzlich ablehne, dann verbaue ich mir selber die Chance, dass es besser werden kann.



Was heißt das nur abschließend für uns ganz konkret?


Ich habe euch letzte Woche erzählt, dass es Prophetien gibt, die ein überwältigendes Handeln Gottes in unmittelbarer Zukunft voraussagen. Gott möchte seinen Heiligen Geist noch einmal in unvorstellbarer Art und Weise ausschütten. Wenn das passiert, wird für uns vieles Neu sein. Nicht der Glaube an sich, aber sehr wohl, die Form, wie wir unseren Glauben leben und gestalten, wie wir sein Wort und seine Liebe weitergeben und das führt auch dazu, dass die Art und Weise wie wir Gemeinde leben, sich verändern wird.


Wenn diese Erweckung, die William Seymour und Charles Parham vorausgesehen haben eintritt und sie nicht von ein paar wenigen geistlichen Stars getragen wird, sondern vom ganzen Leib Christi, von jedem einzelnen Gemeindemitglied, dann wird man Kirche (auch Freikirche) anders wahrnehmen, als das bisher der Fall ist. Dann geht es nicht mehr um Gebäude, Programme, Pastoren oder um Finanzen, sondern dann geht es um unsere Liebe zu Gott, um unsere Liebe zueinander und darum, dass jeder von uns Jünger trainiert, die dann wieder andere zu Jüngern machen, die wiederum neue Jünger trainieren…



Vielleicht gibt es dann tägliche riesige Versammlungen mit tausenden von Menschen, vielleicht gibt es aber tausende von ganz kleinen Versammlungen in den Wohnzimmern, in Cafés, in Schulen und auf Sportplätzen. Gruppen von zwei, drei oder fünf Gläubigen, dafür aber überall im Land.


Lassen wir uns nicht von der Vorstellung wie äußere Formen unserer Meinung nach sein sollten vom Eigentlichen abhalten.



Eines ist ganz sicher: Wenn Jesus wiederkommt, wird ALLES neu. Siehe, ich mache alles neu! (Off 21,5) Das hat er uns versprochen. Also klammere dich nicht zu sehr an alte Weinschläuche, an alte Kleider, an alte Gewohnheiten, an das, wie wir Gemeinde schon immer gestaltet und gelebt haben.


Der neue Wein kommt. Kannst du ihn schon schmecken?

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