„Sind Sie zu Besuch hier?“ fragt der Dorffriseur den fremden Kunden.
„Nein, zum Haare schneiden!“
Vor ein paar Jahren haben wir in der Vorweihnachtszeit als Gemeinde den Film „Der Besuch“, nach dem gleichnamigen Buch von Adrian Plass angeschaut. Darin kündigt Jesus seinen Besuch einer Kirchengemeinde an. Es ist interessant, was dort alles passiert und wie die Menschen unterschiedlich auf ihn reagieren.
Der Advent ist ja die Zeit, in der wir uns auf das Kommen Christi vorbereiten. Und ich meine jetzt gar nicht speziell, einen Besuch von ihm, wie in diesem Film, auch nicht sein Kommen am Ende der Zeit, wenn alle ihn sehen werden und alle Knie sich vor ihm beugen müssen. Ich meine heute, das ganz persönliche, individuelle Kommen Jesu, die Momente, an denen er meinem Herzen begegnet. Wenn er zu mir zu Besuch kommt.
Das Ganze ist ein Stück weit ein Paradoxon. Wenn du Jesus in dein Herz gelassen hast ist er da und er bleibt auch. Aber trotzdem erleben wir es immer wieder ganz neu, dass er uns begegnet, dass er ganz neu, anders, unerwartet zu uns kommt. Versteht ihr, was ich meine?
Nina hat letzte Woche unter anderem davon gesprochen, wie Gott durch den Engel Gabriel der jungen Maria begegnete. Sozusagen zu ihr kam. Ich möchte diese Geschichte heute mit uns lesen:
Lk 1,26-38
Als Elisabeth im sechsten Monat schwanger war, sandte Gott den Engel Gabriel nach Nazareth, in eine Stadt in Galiläa, 27 zu einem Mädchen, das noch Jungfrau war. Sie hieß Maria und war mit einem Mann namens Josef verlobt, einem Nachfahren von David.
28 Gabriel erschien ihr und sagte: »Sei gegrüßt! Du bist beschenkt mit großer Gnade! Der Herr ist mit dir!«
29 Erschrocken überlegte Maria, was der Engel damit wohl meinte.
30 Da erklärte er ihr: »Hab keine Angst, Maria, denn du hast Gnade bei Gott gefunden.
31 Du wirst schwanger werden und einen Sohn zur Welt bringen, den du Jesus nennen sollst.32 Er wird groß sein und Sohn des Allerhöchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihn auf den Thron seines Vaters David setzen. 33 Er wird für immer über Israel herrschen, und sein Reich wird niemals untergehen!«
34 Maria fragte den Engel: »Aber wie kann ich ein Kind bekommen? Ich bin noch Jungfrau.«
35 Der Engel antwortete: »Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Macht des Allerhöchsten wird dich überschatten. Deshalb wird das Kind, das du gebären wirst, heilig und Sohn Gottes genannt werden.
36 Sieh doch: Deine Verwandte Elisabeth ist in ihrem hohen Alter noch schwanger geworden! Die Leute haben immer gesagt, sie sei unfruchtbar, und nun ist sie bereits im sechsten Monat.
37 Denn bei Gott ist nichts unmöglich.«
38 Maria antwortete: »Ich bin die Dienerin des Herrn und beuge mich seinem Willen. Möge alles, was du gesagt hast, wahr werden und mir geschehen.« Darauf verließ der Engel sie.
Die erste Reaktion auf die Ankunft Gottes in Marias Leben, war ein Schreck.
Das ist verständlich bei einem Engel. Wenn Gott „leibhaftig“ zu ihr gekommen wäre, hätte sie die Begegnung möglicherweise gar nicht überlebt.
Bist du schon einmal einem Engel begegnet?
Die „Standard Begrüßungsformel“ von Engeln lautet normalerweise: Fürchte dich nicht! Das sagten sie in der Bibel fast immer, wenn sie zu hartgesottenen Männern, Kriegern und dergleichen gesandt wurden. Wenn sie zu solchen Menschen, die viel aushalten schon sagen müssen „fürchte dich nicht“, wie wird es erst dem Teenager Mädchen Maria ergangen sein?
Interessant ist weiters, dass Maria nicht nur über den Engel an sich erschrak, sondern über dessen Gruß: V 28: »Sei gegrüßt! Du bist beschenkt mit großer Gnade! Der Herr ist mit dir!«
EÜ, Luther: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.
Stell dir vor, jemand würde dich so begrüßen: Hallo, du Begnadeter.
Wie ginge es dir dabei?
Bei einem „begnadetem“ Menschen denken wir vielleicht an einen besonders Begabten, vielleicht einem Sportler oder Musiker, oder sonst jemanden, der besonders begnadet in seiner Sache ist. Vielleicht denken wir an jemanden, der ein hohes, biblisches, Alter erreicht.
Aber ich?
Begnadet ist der, dem Gott seine Gnade zuspricht, also jeder von uns.
Gnade ist eine freiwillige, wohlwollende Zuwendung. Gott wendet sich dir freiwillig (Agape!) und wohlwollend zu. Unverdient, ohne dass du etwas dafür tun musst. Einzig, ob diese Gnade bei dir auch wirklich ankommt, liegt daran, ob du diese Gnade Gottes annimmst, oder eben auch nicht. Gott drängt sich nicht auf.
Maria erschrak und wunderte sich über diese Ankunft der Gnade Gottes in ihrem Leben, aber sie nahm es an. Dieses Annehmen veränderte ihr Leben von Grund auf. Sie wurde nicht nur eine begnadete, sondern auch eine gesegnete Frau.
Sie vertraute Gott, obwohl eine Schwangerschaft für sie als unverheiratete Frau auch für sie das Todesurteil hätte bedeuten können.
Es wurde also keineswegs einfacher für sie durch die Ankunft Gottes in ihrem Leben.
Aber sie ließ Gott bei sich ankommen. Er durfte seinen Platz in ihrem Herzen, ihrem Leben, ja sogar in ihrem Körper einnehmen.
Sie antwortete V 38: »Ich bin die Dienerin des Herrn und beuge mich seinem Willen. Möge alles, was du gesagt hast, wahr werden und mir geschehen.«
Diese Haltung Marias, dieses die Gnade Gottes bei mir ankommen lassen, das macht Maria zu einer ganz besonderen Frau und zu einem Vorbild für uns bis heute.
Wenn Gott zu dir kommt, wenn er dir persönlich, oder in welcher Form auch immer deinem Herzen begegnet, dann hat das in der Regel Auswirkungen auf dein ganzes Leben.
Und so löst eine Gottesbegegnung, ein Ankommen Gottes immer eine unmittelbare Reaktion bei den Menschen aus.
Als Mose vor dem brennenden Dornbusch stand und erkannte, dass Gott zu ihm sprach, zog er nicht nur seine Schuhe auf Gottes Befehl hin aus, er verhüllte auch sein Gesicht, weil er Angst davor hatte Gott anzuschauen. (2. Mo 3,5f)
Was dann alles passiert ist, lesen wir in den Büchern Mose.
Als Gideon vom Engel des Herrn zum Richteramt berufen wurde, dachte Gideon zunächst, er müsse sterben, weil er Gott den Engel des Herrn von Angesicht zu Angesicht gesehen hatte. Als dieser ihm versicherte, dass er deshalb nicht sterben würde, baute Gideon einen Altar für Gott und nannten diesen Altar „Jahwe Shalom“. (Ri 6)
Nachdem Salomo Gott im Traum erschienen war, ging er zur Bundeslade, opferte dort Gott Brand und Dankopfer und feierte dann ein großes Fest, zu dem er viele wichtige Leute einlud. (1. Kön 3,15)
Und er gilt bis heute als der weiseste König Israels.
Als Petrus und die anderen Jünger nach dem großen Fischzug in Jesus den Sohn Gottes erkannten, fielen sie vor ihm nieder und baten ihn wegzugehen: Petrus sagte: »Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch!«
Was aber dann folgte, war, dass Jesus sie in seine Nachfolge rief und sie verließen sofort alles und folgten ihm nach. (Lk 5)
Später, als die Jünger zu Pfingsten Gott dem HG begegneten, wurden sie mit Freude, Vollmacht und Mut erfüllt. Sie dienten Gott auch auf die Gefahr hin, ihr Leben dadurch zu verlieren.
In Off 4 wird davon berichtet, dass die 24 Ältesten immer und immer wieder vor Gottes Thron niederfallen und ihre Kronen vor ihm niederlegen um „einfach nur“ Gott anzubeten.
Einfach nur, weil sie gar nicht anders können. Weil dieser wunderbare, ehrfurchtgebietende, schöne, majestätische, große, unendlich liebende Gott so ist, wie er ist.
Viele von euch, auch ich haben bereits auf unterschiedlichste Weise erlebt, dass dieser Gott zu uns kommt. Dass er mir ganz persönlich begegnet.
Das kann im Lobpreis sein, wenn er mein Herz berührt, oder auch in der Natur, beim Bibellesen, beim hören einer Predigt, oder in der Begegnung mit einem anderen Menschen.
Ich persönlich habe Gottesbegegnungen ganz unterschiedlich erlebt. Ich musste schon weinen, lachen, bin umgefallen, war von Ehrfurcht ergriffen, von Freude überwältigt oder tief innerlich bewegt.
Und es war auch für mich jedes Mal ein Erlebnis, dass mich zutiefst geprägt hat. Jedes Mal war ein Meilenstein in meinem Glaubensleben.
Wir sollten jetzt nicht diesen Erlebnissen an sich nachjagen. Leider gibt es immer wieder Christen, die sich nur nach diesen Phänomenen und Manifestationen des Geistes ausstrecken und glauben, dass so ein „Kick“ sie dann besonders geistlich macht. Darum geht es überhaupt nicht. Solche „Äußerungen“ sind eine Folge von– aber niemals Auslöser für echte Gottesbegegnungen.
Das Einzige, was ich tun kann, wenn ich will, dass Gott zu mir kommt, ist dass ich Ausschau nach ihm halte. Dass ich eine Sehnsucht im Herzen habe, ihm zu begegnen.
So wie Maria jemand war, deren Herz sich nach Gott sehnte. Das wird im Lobgesang Marias sichtbar. Lk 1,46-50
Gelobt sei der Herr! Wie freue ich mich an Gott, meinem Retter!
Er hat seiner unbedeutenden Magd Beachtung geschenkt, darum werden mich die Menschen in alle Ewigkeit glücklich preisen.
Denn er, der Mächtige, ist heilig, und er hat Großes für mich getan. Seine Barmherzigkeit gilt von Generation zu Generation allen, die ihn ehren.
Stell dir vor Jesus würde heute nicht nur zu uns als Gemeinde, sondern zu dir ganz persönlich kommen.
Oftmals ist es so, dass wir einer Gottesbegegnung selber im Weg stehen, weil wir Gott in unser begrenztes Denken einsperren und eine genaue Vorstellung davon haben, wie Gott uns begegnen soll. Aber wenn er dann ganz anders kommt, erkennen wir ihn erst hinterher.
Die berühmte Weihnachtsgeschichte vom „Vater Martin“ handelt beispielsweise genau davon.
Gott liebt es dir zu begegnen. Jeden Tag neu. Zu Weihnachten erinnern wir uns ganz besonders daran, aber eine Begegnung mit ihm findet sicher nicht nur zu, oder rund um Weihnachten statt. Gott ist größer, er lässt sich nicht durch unsere Vorstellungen einsperren.
Oder wie es in einer Textzeile im Lied „Größer“ heißt:
Würd‘ ich dich komplett verstehen, wärst du genauso klein wie wir.
Doch du bist größer als mein Groß und das mag ich an dir.
In diesem Sinne wünsche ich euch nicht nur Fröhliche Weihnachten, sondern prägende Gottesbegegnungen.
Er liebt dich, das ist nicht nur zu Weihnachten das, was er dir ganz persönlich sagen will.
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