Heute feiern wir das Erntedankfest. Ich habe in den letzten Jahren zu diesem Anlass gerne zum Thema Dankbarkeit gepredigt. Ein dankbares Herz ist so etwas wie die Grundausstattung eines Christen. Wenn ich mir vor Augen führe, wie wunderbar der Vater im Himmel alles geschaffen hat, was Jesus für mich ganz persönlich getan hat und was der Heilige Geist in mir und durch mich beständig tut, dann kann ich gar nicht anders, als voller Dankbarkeit zu sein. Ein Nachfolger Jesu zu sein und ständig mit heruntergezogenen Mundwinkeln herumzulaufen und immer kritisierend das Haar in der Suppe zu suchen, das passt einfach nicht zusammen.
Dankbarkeit ist der erste Schritt heraus aus dem Egoismus. Da muss ich nämlich von mir wegschauen.
Dankbarkeit ist auch wichtig für jede Beziehung. Sowohl für die Beziehung zu Gott, als auch für die Beziehungen zwischen uns Menschen.
Es ist jetzt nicht so, dass ich in der Vergangenheit schon alles über das Thema Dankbarkeit gesagt hätte, da gäbe es sicher noch viel mehr zu sagen, aber ich möchte heute auf den ersten Teil des Wortes „Erntedank“ näher eingehen.
Im Judentum gibt es drei ganz große Feste, zwei davon haben mit der Ernte zu tun.
Morgen beginnt übrigens in diesem Jahr das Laubhüttenfest. (Sukkot)
Es wurde bereits von Gott installiert, als die Israeliten noch in der Wüster umhergezogen sind. Aber schon damals ordnete Gott an:
5. Mo 16,13-14:
Wenn ihr im Herbst die Ernte eingebracht, das Korn gedroschen und die Weintrauben gepresst habt, dann feiert eine Woche lang das Laubhüttenfest!
Es soll ein fröhliches Fest werden. Feiert es zusammen mit euren Kindern und euren Sklaven, mit den Leviten und den Ausländern, den Witwen und Waisen aus eurer Stadt!
Die Ernte ist ein ganz wichtiger und vor allem fröhlicher Teil der jährlichen Arbeit. Wenn die Ernte gut ist, kann man die darauffolgende Zeit so richtig genießen.
Eine Ernte gibt es aber nicht nur im landwirtschaftlichen Bereich. Das Prinzip von Saat und Ernte, lässt sich in jedem Fall auch sehr gut auf die geistliche Ebene übertragen.
Und da gilt zum einen: Was du säst, wirst du ernten. Also wenn du z.B. andere Menschen schlecht behandelst, darfst du dich nicht wundern, wenn dich keiner mag.
Wenn du immer wieder negativen Gedanken Raum gibst, dann wird das Auswirkung auf deine Gefühle und auch auf dein Handeln haben.
Umgekehrt: Wenn du regelmäßig in Gottes Gegenwart „badest“, dann wird die Ernte davon: Freude, Zuversicht, Glaube und Segen sein. Wenn du Gott erlaubst, dass er seine Liebe in dich hinein sät, dann wird diese Liebe in deinem Herzen wachsen und du wirst ein Mensch werden, der andere genauso bedingungslos liebt. Selbst die Zeitgenossen, die uns nicht liebenswert erscheinen.
Zum anderen gilt aber auch: Wir dürfen ernten, was andere zuvor gesät haben.
Sabine und ich sind mit unserer, damals noch jungen Familie, vor ungefähr einem viertel Jahrhundert nach St. Martin gezogen, um hier eine freikirchliche Gemeinde zu gründen. Wie das so ist, wenn man als junger Mensch auszieht um die Welt zu erobern, haben wir genau gewusst, „wie es geht“. Wir haben eine genaue Vorstellung davon gehabt, wie die Gemeinde aussehen soll und was wir tun müssen, damit auf die Schnelle eine lebendige, gesunde und florierende Gemeinde entsteht.
Und wir sind mit all unserm jugendlichen Elan ans Werk gegangen, bis wir sehr bald feststellen mussten, dass unsere Berufung nicht lautet: Wir bauen unsere Gemeinde, sondern er baut seine Gemeinde! Wir dürfen ihm dabei helfen.
Und wir haben auch festgestellt, dass wir nicht auf ein unbeackertes Feld gekommen sind, sondern es schon viele Arbeiter im Reich Gottes vor uns, auch in unserer Region gegeben hat.
Wir mussten lernen voller Dankbarkeit das ehren, was andere zuvor gesät haben.
Ab dem 2. Jahrhundert breite sich das Christentum im gesamten römischen Reich aus und gelangte somit erstmals in das Gebiet, des heutigen Österreich. (Allerdings nur südlich der Donau). Wann es dann erstmals an Christus Gläubige im Mühlviertel gab, habe ich leider nicht herausgefunden.
Von Passau aus wurden später aber immer wieder Missionare ausgesandt.
Was geschichtlich aber zweifelsfrei gesichert ist, ist dass die Reformation ab 1520 sehr viele Anhänger im Mühlviertel hatte. Bis zu 90% der damaligen Bevölkerung waren damals evangelisch und es gab auch Täufergemeinden in unserer Gegend.
Die Täufer wurden von Anfang an verfolgt und auch die vielen Evangelischen wurden dann in der Gegenreformation (ca. 100 Jahre später) wieder „katholisch gemacht“. Dieses „wieder katholisch gemacht werden“ sitzt wie ein tiefes Trauma in der Mühlviertler Seele. Das ist auch eine Art „Ernte“ aus dem, was damals gesät worden ist.
Trotz dieses Einschnittes gab es immer wieder Bemühungen Gottes Wort fern ab von Volkskirchentum zu verbreiten. Ich weiß von evangelistischen Einsätzen ab den 1980er Jahren (wahrscheinlich auf schon früher) und davon, dass durch die Arbeit von Schloss Klaus, vom Frauenfrühstück, teilweise von verschiedenen Gemeinden aus Linz, Wels, Ried und anderen Orten einzelne Bibelkreise entstanden sind. Auch bei uns in St. Martin. Ich habe auch erfahren, dass es hier im Haus, in der Gaststube beim Wöhrer, evangelistische Abende von OM gab.
Nicht zu vergessen, die vielen Mühlviertler, die weggezogen sind und in ihrer neuen Heimat zum lebendigen Glauben an Jesus gefunden haben und jetzt, vielleicht schon jahrzehntelang für einen Aufbruch im Mühlviertel beten.
All das – und bestimmt noch viel mehr – ist an geistlichen Samen bereits in unserer Region ausgesät worden. Auch wenn der Boden hier nach wie vor steinig ist, so dürfen wir heute ernten.
Ein Wort von Jesus, dass er sogar zwei Mal gesagt hat, gilt für uns hier und heute genauso:
»Die Ernte ist groß, aber es sind nicht genügend Arbeiter da.
Betet zum Herrn und bittet ihn, mehr Arbeiter zu schicken, um die Ernte einzubringen.«
Wie gesagt finden wir dieses Zitat von Jesus gleich an zwei Stellen im NT: Einmal in Mt 9. Dort im Zusammenhang, dass Jesus die Not der vielen Menschen sieht, die hilflos und erschöpft sind, wie Schafe, die keinen Hirten haben.
Jesus hatte großes Mitleid mit den Menschen, die er sah. Der Weg aus dem Elend, das er sah, war für ihn, das Gebet um Erntearbeiter. Schon interessant!
Das andere, ziemlich wortgleiche Zitat von Jesus finden wir in Lk 10, als er die 72 Jünger aussendet um in den umliegenden Dörfern die Gute Nachricht zu verkündigen. Beide Male sieht er eine große Ernte. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass Jesus auch bei uns heute eine große Ernte sieht. Und er uns heute auffordert, ebenfalls Gott um mehr Erntearbeiter zu bitten.
Kann es sein, dass Jesus nicht nur will, dass du für mehr Erntearbeiter betest, sondern er sich auch deine Bereitschaft wünscht, selber Teil der Gebetserhörung zu sein? So wie er die 72 Jünger damals aussandte mit dem Auftrag: Wenn eine Stadt euch willkommen heißt, dann esst, was euch vorgesetzt wird, heilt die Kranken und sagt dabei: ›Das Reich Gottes ist nahe bei euch.‹ (Lk 10,8-9)
Also, das zu essen, was ich vorgesetzt bekommen, damit habe ich überhaupt kein Problem. In dem Punkt bin ich immer gehorsam! 😊
Aber bin ich bereit, mich als Erntearbeiter von Gott einsetzen zu lassen? Bin ich bereit, so wie es hier heißt: Die Kranken zu heilen und das Reich Gottes zu verkündigen?
Bist du bereit dafür? Kommen da nicht gleich die Einwände in deinem Kopf: Kann ich das überhaupt? Was soll ich sagen? Was ist, wenn die Menschen mich ablehnen?
Erntearbeit im natürlichen Bereich ist von fast allen Menschen erlernbar. Einzig eine körperliche Einschränkung kann das vielleicht verhindern. Aber jeder gesunde Menschen kann ernten. Die einzigen Qualifikationen sind Lernbereitschaft und Dienstbereitschaft.
Und im geistlichen Bereich ist nicht einmal eine körperliche Behinderung ein Grund dafür, nicht ernten zu können. Auch dafür braucht es lediglich Lernbereitschaft und Dienstbereitschaft.
Sicher, es gibt ganz unterschiedliche Erntearbeiter im Reich Gottes. Es gibt Menschen, die Gott scheinbar überreich begabt hat, die sich zum Beispiel sehr leicht damit tun, andere anzusprechen, oder die sehr schlagfertig sind. Andere können ganze Fußballstadien füllen in dem sich dann hunderte oder sogar tausende bei einer Veranstaltung bekehren. Reinhard Bonnke hatte den Spitznamen: Der Mähdrescher Gottes. Sehr viele Menschen haben sich durch seinen Dienst bekehrt und sind so Teil der großen Ernte geworden, die Gott jetzt, am Ende der Zeit einfährt.
Es gibt aber auch viele Christen, die so ernten, wie die Ruth im AT. Sie war arm und durfte das ernten, was die Arbeiter von Boas übriggelassen haben. Aber auch sie brachte eine Ernte ein. Nicht nur, dass sie dann genug zum Leben für sich und ihre Schwiegermutter hatte. Ihr treuer Einsatz wurde von Gott großzügig belohnt und wir finden sie sogar in Jesu Stammbaum wieder.
Es gibt also keinen Grund zu sagen: Ich kann, oder ich brauche nicht zu ernten. Das sollen die anderen machen.
Die Erntearbeit kann zwar anstrengend sein, aber sie ist auch für mich selber immer auch mit einem Gewinn verbunden.
Jesus erzählte dazu einmal folgendes Gleichnis: (Mt 20)
1 Denn das Himmelreich ist vergleichbar mit dem Besitzer eines großen Gutes, der früh am Morgen hinausging, um Arbeiter für seinen Weinberg einzustellen.
2 Er vereinbarte mit ihnen den üblichen Tagelohn und schickte sie an die Arbeit.
3 Um neun Uhr morgens ging er über den Marktplatz und sah einige Leute herumstehen, die keine Arbeit hatten.
4 Er stellte auch sie ein und sagte ihnen, sie würden am Abend den ihnen zustehenden Lohn erhalten.
5 Am Mittag und dann noch einmal nachmittags gegen drei Uhr tat er dasselbe.
6 Um fünf Uhr abends ging er noch einmal in die Stadt und sah immer noch ein paar Leute herumstehen. Er fragte sie: ›Warum habt ihr heute nicht gearbeitet?‹
7 Sie antworteten: ›Weil uns niemand angestellt hat.‹ Da sagte der Gutsbesitzer zu ihnen: ›Dann geht zu den anderen Arbeitern in meinem Weinberg.‹
8 Am Abend schließlich beauftragte er seinen Verwalter, die Leute zu rufen und sie zu entlohnen. Er sollte mit den Arbeitern beginnen, die als Letzte eingestellt worden waren.
9 Als die, die erst um fünf Uhr eingestellt worden waren, bezahlt wurden, erhielten sie alle einen vollen Tagelohn.
10 Als die, die früher eingestellt worden waren, an der Reihe waren, dachten sie, dass sie mehr bekommen würden. Aber auch sie erhielten einen Tagelohn.
11 Als sie ihr Geld bekamen, beschwerten sie sich.
12 ›Diese Leute haben nur eine Stunde gearbeitet und doch bekommen sie genauso viel wie wir, die wir den ganzen Tag in der sengenden Hitze schwer gearbeitet haben.‹
13 Einem von ihnen antwortete er: ›Mein Freund, ich war nicht ungerecht! Warst du nicht damit einverstanden, dass du den ganzen Tag für den üblichen Lohn arbeitest?
14 Nimm dein Geld und gib dich zufrieden. Ich will aber diesem letzten Arbeiter genauso viel geben wie dir.
15 Oder ist es mir nicht erlaubt, mit meinem Geld zu machen, was ich will? Willst du dich etwa darüber beklagen, dass ich gütig bin?‹
16 Genauso ist es bei Gott: Viele, die jetzt die Ersten sind, werden die Letzten sein, und die, die jetzt die Letzten sind, werden dann die Ersten sein.«
Jeder Erntearbeiter erhält seinen Lohn. Egal, ob du schon dein ganzes Leben Jesus nachgefolgt bist und immer „brav“ warst, oder ob du erst vor kurzem zum Glauben gekommen bist und es vielleicht noch die eine, oder andere Baustelle in deinem Leben gibt. Gott ruft dich in seinen Dienst. Er möchte, dass du für mehr Arbeiter in der Ernte betest und er möchte auch dich als Erntearbeiter einstellen.
Wie sieht dieses geistliche Ernten konkret aus? Was sollen wir ernten? Natürlich, es geht um Menschen. Aber würde Jesus von Ernte sprechen, wenn Menschen bei einer Veranstaltung ein „Übergabegebet“ sprechen? Das an sich ist ja gut und wichtig, aber das wäre bildlich gesprochen so, wie wenn ich ein paar Weizenhalme am Feld abschneide, mich aber dann nicht mehr darum kümmere.
Eine Bekehrung ist nur ein Schritt in einem längeren Prozess, den Jesus selber „Jünger machen“ genannt hat.
Mt 28. 19f: Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern. Dabei sollt ihr sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes taufen und sie belehren, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.
Dieser Prozess beginnt damit, dass wir zu den Menschen hingehen und nicht warten, bis sie vielleicht zu uns kommen. Jesus nennt dann zwei ganz konkrete Dinge, die zum „Jünger machen“ dazu gehören:
1. Taufen: Damit ist mehr gemeint, als bei einem Gottesdienst die Täuflinge unter Wasser zu tauchen. Es geht um das, wofür so eine Taufe steht: Dass dieser Mensch bereit ist wirklich sein ganzes Leben in die Hände Gottes zu legen. Die Taufe ist ein öffentliches Bekenntnis, dass ich einen endgültigen Schlussstrich unter mein altes Leben gezogen habe. Und in der Taufe bekunde ich außerdem, dass ich Teil der Gemeinde Jesu geworden bin. Nicht nur weltweit gesehen, sondern ganz konkret einer Gemeinde vor Ort. Aus Menschen, die genauso wenig perfekt sind wie ich, die aber auch ihr Leben Jesus zur Verfügung gestellt haben. In dieser Gemeinde lieben und ehren wir uns, wir ermutigen uns untereinander, und wir schleifen uns gegenseitig. Auch das gehört untrennbar zum Gemeinde sein dazu.
Deshalb kann ich noch nicht von Gemeinde sprechen, wenn ich im Internet einen Gottesdienst anschaue. Das kann zwar auch erbaulich sein und war in der Zeit der Pandemie eine brauchbare Notlösung. Aber der beste Lobpreis auf YouTube und die beste Predigt im Livestream kann die Begegnung und den Austausch mit Schwestern und Brüdern, die eben ihre Macken, Ecken und Kanten haben, niemals ersetzen. Nur in der ehrlichen Begegnung mit realen Menschen kann ich lernen Menschen zu lieben, die auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so liebenswert sind. Aber genau das will Jesus von uns. Das ist das zweite, das Jesus nennt, wenn er von „Jünger machen“ spricht:
2. Lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.
Was hat Jesus uns geboten? Dieses „alles“ von dem Jesus hier spricht lässt sich mit dem „neuen Gebot“ zusammenfassen, das er seinen Jüngern in Joh 13,34 gab: Ich gebe euch jetzt ein neues Gebot: Liebt einander! Genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander lieben!
Jemanden zu lieben, der in irgendeinem anderen Wohnzimmer sitzt und sich den gleichen Livestream wie ich ansieht ist leicht und schwierig gleichzeitig.
Ich kann nur lernen die Menschen zu lieben, denen ich tatsächlich begegne und mit denen ich mein Leben teile.
Bevor wir Jünger machen können, müssen wir selber Jünger Jesu sein. Ich kann immer nur das von Jesus weitergeben, was ich zuvor von ihm empfangen habe. Ein Jünger Jesu zu sein bedeutet, dass ich nichts lieber will, als immer mehr wie Jesus zu sein. In allen Lebensbereichen. In der Art und Weise, wie er Menschen geliebt- und ihnen gedient hat, in der Art, wie er die Beziehung zu seinem himmlischen Vater gelebt hat und auch in der Art, wie er in vertrauensvollem Gehorsam jeden Schritt seines Lebens gegangen ist. Auch wenn es schwere Schritte waren.
Dieser ganze Prozess gehört zu einer erfolgreichen Erntearbeit dazu.
Wenn wir uns die Menschen von heute anschauen: Wieviel Angst, wieviel Enttäuschung, wieviel Hoffnungslosigkeit, wieviel Wut, wieviel Depression, wie viele falsche Versprechen usw. es gibt, dann erinnert mich das schon sehr, an das was Jesus bei seinen Zeitgenossen sah:
Mt 9, 36-38 Als er die vielen Menschen sah, ergriff ihn tiefes Mitgefühl, denn sie waren hilflos und erschöpft wie Schafe ohne Hirten.
37 Dann sagte er zu seinen Jüngern: "Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.
38 Bittet deshalb den Herrn der Ernte, mehr Arbeiter auf seine Felder zu schicken!"
Das wollen wir nun gemeinsam tun.
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