Ich war zwar letzten Sonntag nicht da, aber ich habe die ermutigende und gleichzeitig herausfordernde Predigt von Karin gelesen.
Der Weg zur Erweckung – zu dem, was wir uns so sehr wünschen, dass sehr viele Menschen Jesus kennen lernen und ihm nachfolgen wollen – dieser Weg führt über das Kreuz. Auch der Weg zu unserer eigenen „Erweckung“, zu unserem „reichen Leben in Jesus“, führt über das Kreuz.
Markus 8,34: Wer mein Jünger sein will, darf nicht mehr sich selbst in den Mittelpunkt stellen, sondern muss sein Kreuz auf sich nehmen und mir nachfolgen.
Was heißt das konkret? Wie sieht "das Kreuz auf mich nehmen" aus?
Ich möchte im Markusevangelium weiterlesen.
Wir haben schon zweimal davon gelesen, dass Jesus auf seinem Weg nach Jerusalem seinen Jüngern angekündigt hat, dass er, wenn sie dort ankommen, verraten, geschlagen und schließlich ans Kreuz genagelt und dort umgebracht werden wird. Aber er hat auch jedes Mal dazu gesagt, dass er nach drei Tagen wieder auferstehen wird.
Wie ihr euch vielleicht noch erinnert, wollte Petrus, als Jesus das erste Mal von seinem Tod gesprochen hat, diesen auf andere Gedanken bringen. War keine so gute Idee…
Das zweite Mal haben sich die Jünger danach darüber gestritten, wer der Wichtigste unter ihnen sei. Und Jesus hat ein Kind in ihre Mitte gestellt und gesagt: Wer solch ein kleines Kind um meinetwillen aufnimmt, nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt meinen Vater auf, der mich gesandt hat. (Markus 9,37)
Je näher die Passion von Jesus rückte, desto dichter und auch angespannter wurde die Stimmung, nicht nur unter den Jüngern.
So wie bei dem Spiel „Reise nach Jerusalem“, so hat sich auch die Geschichte damals „beschleunigt“. Unsere Zeit heute ist der Stimmung von damals sehr ähnlich. Auch bei uns beschleunigen sich die Dinge. Wir spüren, dass etwas Neues kommt und dass Gott dabei ist, großartige Dinge zu tun, aber auch, dass kein Stein mehr auf dem anderen bleiben wird. Wir können uns der Tatsache nicht entziehen, dass eine beschauliche Zeit des relativen Friedens in unserer westlichen Welt dem Ende zugeht.
Diese Stimmung kann eine vorfreudige Erwartung in uns Menschen auslösen, aber auch Angst.
Markus 10,32-45
Sie waren auf dem Weg hinauf nach Jerusalem. Jesus ging ihnen voraus. Angst erfasste die Jünger, und auch die anderen Menschen, die ihm folgten, fürchteten sich. Wieder nahm Jesus die zwölf beiseite und begann ihnen noch einmal zu schildern, was ihn in Jerusalem erwartete.
»Wenn wir nach Jerusalem kommen«, sagte er, »wird der Menschensohn an die obersten Priester und die Schriftgelehrten verraten werden. Sie werden ihn zum Tod verurteilen und an die Römer ausliefern.
Die werden ihn verspotten, anspucken, auspeitschen und ihn schließlich töten, doch nach drei Tagen wird er auferstehen.«
Da kamen Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, auf ihn zu und sprachen ihn an. »Lehrer«, sagten sie, »wir möchten dich um einen Gefallen bitten.«
»Was soll ich für euch tun?«, fragte er.
»Wir möchten in deinem herrlichen Reich neben dir auf den Ehrenplätzen sitzen«, sagten sie, »einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken.«
Doch Jesus antwortete ihnen: »Ihr wisst nicht, um was ihr da bittet! Könnt ihr den bitteren Kelch des Leidens trinken, den ich trinken werde? Könnt ihr mit der Taufe getauft werden, mit der ich getauft werden muss?«
»Ja«, sagten sie, »das können wir!« Und Jesus sagte: »Ihr werdet tatsächlich aus meinem Kelch trinken und mit meiner Taufe getauft werden.
Doch ich kann nicht bestimmen, wer auf den Plätzen rechts und links neben mir sitzen wird. Gott hat diese Plätze denen vorbehalten, die er erwählt hat.«
Als die anderen zehn Jünger merkten, worum Jakobus und Johannes gebeten hatten, waren sie empört.
Da rief Jesus sie zusammen und sagte: »Ihr habt erfahren, dass in dieser Welt die Könige Tyrannen sind und die Herrschenden die Menschen oft ungerecht behandeln.
Bei euch sollte es anders sein. Wer euch anführen will, der soll euch dienen, wer unter euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein.
Selbst der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um anderen zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele Menschen hinzugeben.«
So eine Frechheit! Findet ihr nicht? Jesus offenbart seinen Freunden sein Herz. Er weiß, was auf ihn zukommt. Nicht nur die körperlichen Schmerzen, oder die Schmach und die Schande vor den Menschen.
Er wusste, dass er die Schuld der ganzen Menschheit auf sich laden wird und dass ihn diese Sündenlast von seinem Vater im Himmel trennen wird. Er wusste: All diese Sünden, von denen er selber keine einzige begangen hat, wird ihn disqualifizieren von seinem angestammten Platz in den Armen Gottes. Dieser Platz war und ist jetzt wieder sein Leben. Und er würde die Konsequenz dieses „nicht mehr in Gottes Gegenwart sein können“ am eigenen Leib verspüren: Den Tod. Nicht nur den Leiblichen. Nicht nur, dass sein Körper so lange geschunden wird, bis sein Herz aufhört zu schlagen. Es ist das Zerreißen der Lebensschnur zwischen seinem Vater und ihm, dass ihn, für diese drei Tage, sehr umfänglich „kaputt“ machen wird.
Und zwei seiner engsten Jünger denken sich: Ha, gute Gelegenheit, dass wir uns ein paar Privilegien sichern. Es ist also nicht verwunderlich, dass nicht nur Jesus vor den Kopf gestoßen war, sondern auch die anderen Jünger empört waren.
Aber Jesus nutzte diese Gelegenheit (wieder einmal) um seinen Jüngern vor Augen zu führen, wie das Reich Gottes funktioniert. Und er ruft in Erinnerung, was auf dieser Welt Sache ist. Welche Werte und Praktiken hier von den Herrschern, aber nicht nur, Gang und Gäbe sind: Ellenbogentechnik. Egoismus. Der Stärkere gewinnt und nutzt seine Position zu seinem eigenen Vorteil schamlos aus. Da brauchen wir gar nicht an die Kriegsschauplätze dieser Welt schauen, da reicht ein ehrlicher Blick hinter die Kulissen in unserer Geschäftswelt, oder leider auch in so mancher Familie. Und wenn wir ehrlich sind, auch unser eigenes Herz ist nicht frei davon, andere hinunter zu drücken, wenn ich mir selber davon einen Vorteil verspreche.
43 Bei euch sollte es anders sein. Wer euch anführen will, der soll euch dienen, wer unter euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein.
Einer der Sprecher bei der Foursquare Europa Konferenz, bei der ich letzte Woche war, war Randy Remington. Er ist der Präsident der „International Church of the Foursquare Gospel“. Wenn wir katholisch wären, dann wäre er unser Papst! Aber er ist ein sehr demütiger Mann und hat sich als der „Oberste Füße-wäscher“ bei uns vorgestellt. Und soweit ich das beurteilen kann, war das kein „Gag“ um sich bei uns einzuschmeicheln, sondern spiegelt seine Herzenshaltung wider.
Bei euch sollte es anders sein
Ist es bei uns anders? Ist es bei mir anders?
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie es bei mir anders werden kann: Entweder ich entscheide mich, dass ich mein Bestes gebe um anders zu werden. Und ich strenge mich wirklich an, wann immer ich in der Gefahr stehe, auf andere herab zu sehen, oder sie zu unterdrücken, dass ich mich anders verhalte. Ich habe immer die Wahl: Will ich meinem Ego folgen, oder will ich den anderen höher achten als mich selbst?
Dieser Weg ist gut, aber anstrengend. Und auf lange Sicht gesehen nur bedingt von Erfolg gekrönt. So lange ich aus eigener Kraft versuche, gut zu sein und Werke der Liebe zu tun, bleibt es mühsam.
Die andere Möglichkeit ist, dass ich mich an einem Vorbild orientiere und dieses Vorbild so lange und so intensiv auf mich wirken lasse, dass es für mich normal wird, so wie mein Vorbild zu sein und zu handeln.
Jesus bietet sich hier als dieses Vorbild an und er lädt dich und mich, genauso wie seine Jünger damals, ein, seinem Vorbild zu folgen:
45 Selbst der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um anderen zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele Menschen hinzugeben.«
Wenn ich Jesus wirklich nachfolge, wenn ich ihn als Herrn in meinem Leben anerkenne, dann ist er natürlich noch viel mehr als „nur“ ein Vorbild für mich. Aber das, was ein Vorbild bei mir und vor allem in mir auslöst, nämlich dass mir nichts wichtiger ist, als so zu sein wie der, dem ich nacheifere, das geschieht dann wie von selbst. Ich muss es nicht aus eigener Kraft „machen“, sondern es passiert dann von innen heraus. Und es wird mehr und mehr zu einer Selbstverständlichkeit, gerade weil ich es nicht bewusst herbeiführen muss.
Darum lasst uns genauer hinschauen, wie Jesus ist, was er getan und was er nicht getan hat. Warum er sich eben genau so – und nicht wie viele Menschen in seinem Umfeld verhalten hat. Sein „Vorbild“ war und ist für alle Zeit der Vater im Himmel. An ihm hat er sich orientiert. Mehr noch: Der Vater im Himmel wirkte beständig in ihm und durch ihn. Gottes Wesen und seine Liebe hat Jesus für uns sichtbar gemacht. Deshalb konnte er mit Recht sagen: „Wer mich sieht, sieht den Vater!“ (Johannes 14,9)
Was sehen wir an Jesus? Lasst uns genau hinschauen!
1. Er verkörpert die Freundlichkeit Gottes.
Das ist was anderes als nett sein. Ich möchte zu allen Menschen nett sein. (Weil ich will, dass die anderen auch nett zu mir sind) Das entspricht ja auch der „Goldenen Regel“ (Matthäus 7,12), aber was ist, wenn die Menschen meine Nettigkeit nicht erwidern?
Gottes Freundlichkeit zeigt sich darin, dass er uns liebt (nicht nur liebevolle Gefühle für uns hat) und zwar ganz unabhängig, ob wir seine Liebe erwidern oder diese mit Füßen treten.
Und seine Liebe zeigt sich unter anderem darin, dass Jesus die Sünden aller Menschen ans Kreuz getragen hat. Ganz unabhängig davon, ob sie diese Erlösungstat für sich in Anspruch nehmen würden oder nicht.
David war ein Mann nach dem Herzen Gottes. Und obwohl David ja alles andere als perfekt war (er hat viele schlimme Dinge getan), zeigt sich in seinem Leben immer dieser die Freundlichkeit Gottes an Menschen.
Eine bewegende Geschichte finden wir in 2. Samuel 9, als David den einzigen überlebenden Enkel seines früheren Feindes Saul zu sich an den Königshof holte. Es war Mefi-Boschet, der an beiden Beinen gelähmt war. Als dieser zu David geholt wurde, dachte er, dass er sterben müsse, weil er der einzige Nachfahre des früheren Königs Saul war. Aber David ließ ihn nicht nur bei sich wohnen und an seiner Tafel täglich speisen, er sorgte auch dafür, dass er das Land seiner Vorfahren zurück bekam und er setzte auch Arbeiter ein, die dieses Land für ihn bewirtschaftet sollten, sodass Mefi-Boschet trotz seiner Behinderung eine Zukunft hatte.
Das Johannesevangelium beginnt damit, dass Gott in Jesus Mensch wurde. Es schildert diesen Weg in sehr poetischen Worten. Er schreibt über das „Wort“ (Logos), das Fleisch wurde und unter uns wohnte. In der Lutherübersetzung heißt es in Vers 16: Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.
Man kann auch sagen: Durch Jesus haben wir Freundlichkeit über Freundlichkeit Gottes erfahren.
2. Er hat sich ganz hingegeben.
Hingabe ist das Gegenteil von Mittelmaß. Es ist die Bereitschaft, von ganzem Herzen, sich einer Sache, oder einem Menschen, hinzugeben. Egal, was es mich kostet.
5. Mose 6,5 Ihr sollt ihn [den HERRN] von ganzem Herzen lieben, mit ganzer Hingabe und mit all eurer Kraft.
Jesus hat sich nicht nur seinem Dienst hier auf der Erde hingegeben. Er war bereit, seinen Weg bis zum bitteren Ende zu gehen. Diese Hingabe hat ihn, wie wir schon gehört haben, buchstäblich alles gekostet.
Seine Hingabe galt aber nicht nur der Welt und uns Menschen allgemein. Diese Haltung der Hingabe zeigt sich auch in der Begegnung mit einzelnen Menschen.
Bsp.: Die Art und Weise, wie er seine Jünger berief, sein Leben mit ihnen teilte, sie lehrte, sie inspirierte, aber auch herausforderte, zeigt, wie wichtig ihm diese 12 Männer waren. Er wusste bereits, als er sie in seine Nachfolge rief, dass das Reich Gottes auf ihren Schultern weitergebaut werden würde. Zu einem Zeitpunkt, als das für niemanden sonst zu sehen war, am wenigsten für die 12 Jünger selber. Aber durch die Hingabe, mit der Jesus sein Leben ihnen zur Verfügung stellte, wurde aus diesen 12 Fischern, Zöllnern und Revoluzzern die Säulen, auf denen Jesus seine Gemeinde bauen würde.
Diese Hingabe zeigt sich unter anderem darin, dass Jesus seine Jünger offensichtlich wichtiger waren als seine leiblichen Geschwister. Und das war in einer orientalischen Kultur eine ziemliche Revolution.
Als seine leibliche Familie ihn einmal während er die Menschen lehrte sprechen wollte, sagte er: »Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Geschwister?«
Dann zeigte er auf seine Jünger: »Das hier sind meine Mutter und meine Geschwister.« (Matthäus 12, 47-48)
3. Er hat eine dienende Haltung
Foursquare Präsident Randy Remington hat sich als „Oberster Füßewäscher“ bezeichnet. Jesus hat genau das ganz praktisch getan. Er hat seinen Jüngern die Füße gewaschen, obwohl das eines der niedrigsten Dienste überhaupt war. Jesus hat das jedenfalls nicht getan, weil er eine Show abziehen wollte, sondern weil er uns ein Beispiel gegeben hat, was eine echte dienende Haltung ist. Eine dienende Haltung, wie Jesus sie vorgelebt hat, kommt nicht aus einem verzagten Herzen das sagt: „Ich kann ja nicht mehr“, oder „ich bin ja nicht mehr wert!“ Das wäre aus einem Geist der Sklaverei heraus. Von diesem Geist hat Jesus uns befreit und uns zu Gotteskindern gemacht. Aber aus Liebe zu Gott und zu den Menschen heraus können wir jetzt das tun, was sonst nur ein Sklave tun würde. Nicht, weil wir von irgendjemandem dazu genötigt oder gezwungen werden würden, sondern weil Jesus in uns dazu anspornt.
Das ganze Leben von Jesus zeigt diese dienende Haltung. Es begann damit, dass er die himmlische Herrlichkeit verließ um in einem Stall zur Welt zu kommen. In fast allen Begegnungen, die Jesus mit Menschen hatte, zeigt sich dieses Dienerherz. Von der Art und Weise, wie er seine Jünger bevollmächtigt hat, über die Menschen, die er geheilt und befreit hat und ihnen somit ein Leben in Würde gegeben hat, wie er auch mit Menschen umgegangen ist, die keiner lieben wollte, wie die Zöllner und Prostituierten, bis hin zu seinem Leiden und Sterben; all das zeigt diese dienende Haltung.
Wenn Jesus dein Vorbild ist, dann treibt dich das dazu, dass du so wie er mit dieser dienenden Einstellung allen Menschen begegnest, die dir über den Weg laufen. Wieviel mehr, wenn er nicht nur dein Vorbild, sondern dein Herr und Heiland ist und er mit seiner ganzen göttlichen Herrlichkeit in dir lebt?
Seine Liebe, die ja durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen ist, bringt uns dazu, ihm in allem ähnlicher zu werden. Und dadurch können wir selbst die Menschen lieben, die uns nicht so liebenswürdig erscheinen. Wir können geduldig mit denen sein, die uns auf den Wecker gehen. Seine Liebe bringt uns dazu, den Menschen von Herzen zu vergeben, die uns tief verletzt haben. Freiwillig mehr zu tun, als von mir verlangt wird. Großzügig zu geben, aber auch Hilfe annehmen zu können, ohne sich im Gegenzug verpflichtet zu fühlen.
Lass dir von Jesus zeigen, wie und wem du auf seine Art und Weise dienen kannst. So, dass am Ende er durch dich sichtbar wird.
Dann wird er, wenn er im Vergleich dazu die Welt betrachtet, nicht zu dir sagen: „Bei euch soll es anders sein“, sondern er wird voller Freude feststellen: „Bei dir ist es anders! Bei dir ist meine Liebe zu ihrem Ziel gekommen!“
Wenn du Jesus kennst und ihm nachfolgst, dann wirst du dich darauf freuen, diese Worte aus seinem Mund zu hören.
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