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  • Peter Köttritsch

Angst (Markus 4:35-41)

Aktualisiert: 1. Nov. 2021


Ein Luftballon beim Psychiater: Ich hab Platzangst! 😊


Die unterschiedlichsten Ängste sind weit verbreitet. Nicht nur die Angst vor einem Virus auf der einen Seite und Ängste vor Maßnahmen, die uns einschrĂ€nken auf der anderen.

Laut einer Umfrage sind die verbreitetsten Ängste der Österreicher, die Angst vor bestimmten Tieren, wie Spinnen, Schlangen oder Ungeziefer, gefolgt von Ängsten vor dem Zahnarzt und der Angst vor engen RĂ€umen.


Das sind ganz allgemeine Ängste. Eine Studie, die etwas konkreter in unserer Corona Zeit in Deutschland nachgefragt hat, ist zum Ergebnis gekommen, dass sich viele Menschen heute davor fĂŒrchten, dass es wirtschaftlich bergab geht und sie sich ihren gewohnten Standard nicht mehr leisten können. Konkret fĂŒrchten sich die meisten Befragten vor Steuererhöhung bzw. LeistungskĂŒrzungen durch Corona, sowie steigende Lebenshaltungskosten. Meldungen darĂŒber, dass sich der Gaspreis in den letzten Monaten vervielfacht hat und Mieten bestĂ€ndig ĂŒber dem Durchschnitt steigen, tragen da nicht unbedingt zur Beruhigung der Lage bei.


Manche Ängste können ja durchaus lebenswichtige Reaktionen bei uns auslösen. Wenn wir einer konkreten Gefahr ins Auge sehen mĂŒssen steigt unser Puls, Adrenalin wird im Körper ausgeschĂŒttet und wir können schnell vor der Gefahr fliehen. Gewisse Mechanismen hat Gott als Schutz bei Lebensgefahr eingebaut. Diese Mechanismen werden durch ÜberlebensĂ€ngste ausgelöst. Man kann also sagen, dass diese Ängste durchaus positiv sind.


Aber in den meisten FĂ€llen ist Angst etwas, das uns eher lĂ€hmt, so wie das berĂŒhmte Kaninchen vor der Schlange, oder einschrĂ€nkt.

Gerade so wenig greifbare Szenarien, wie eine ungewisse, oder unabĂ€nderbare Zukunft, lösen in uns Ängste aus, die unserer Seele- und langfristig auch unserem Körper schaden. Solche Ängste sind wirklich zerstörerisch.


Nur: Ein Leben, das frei von angstmachenden Szenarien ist, gibt es nicht. Trotzdem mĂŒssen diese Szenarien nicht unbedingt dazu fĂŒhren, dass mich die Angst lĂ€hmt, oder sogar krank macht.

Wie heißt es so schön: Nicht das was mir widerfĂ€hrt prĂ€gt mich, sondern die Art, wie ich darauf reagiere!


Wenn ich in lebensbedrohliche Situationen komme, dann habe ich in der Regel keine Zeit, mir zu ĂŒberlegen, wie ich jetzt reagieren möchte. Dann kommt mein Innerstes, mein wahres „ich“ ganz von selbst zum Vorschein. Stresssituationen sind eine Art Spiegel, die mir meinen Kern, oder mein Herz offenbaren. Ich kann auch sagen: Meine wahre IdentitĂ€t wird mir (und anderen) vor Augen gefĂŒhrt.

Was ist also meine wahre IdentitÀt? Eine wichtige Frage!


Die JĂŒnger Jesu waren immer wieder solchen lebensbedrohlichen Situationen ausgesetzt. Eine davon will ich heute mit euch ansehen:


Mk 4,35-41

35 Als es Abend wurde, sagte Jesus zu seinen JĂŒngern: »Wir wollen auf die andere Seite des Sees fahren.«

36 Jesus war schon im Boot. So entließen die JĂŒnger die Menge, stiegen zu ihm ins Boot und fuhren los. Einige andere Boote fuhren mit ihnen.

37 Doch bald darauf erhob sich ein heftiger Sturm, und hohe Wellen schlugen ins Boot, bis es fast ganz voll Wasser gelaufen war.

38 WĂ€hrenddessen schlief Jesus hinten im Boot mit dem Kopf auf einem Kissen. In ihrer Verzweiflung weckten sie ihn schließlich und riefen: »Lehrer, macht es dir denn gar nichts aus, dass wir umkommen?«

39 Jesus erwachte, bedrohte den Wind und befahl dem Wasser: »Schweig! Sei still!« Sogleich legte sich der Wind, und es herrschte tiefe Stille.

40 Und er fragte die JĂŒnger: »Warum seid ihr so Ă€ngstlich? Habt ihr immer noch keinen Glauben?«

41 Voll Furcht sagten sie zueinander: »Wer ist dieser Mann, dass ihm sogar Wind und Wellen gehorchen?«


Ich möchte heute gar nicht primĂ€r auf das Wunder eingehen, das Jesus tat. Das alleine ist schon so außergewöhnlich, dass man eine- oder sogar mehrere Predigten darĂŒber halten könnte. Aber ich möchte heute unseren Blick auf die JĂŒnger- genauer gesagt auf deren Angst richten.

Die JĂŒnger hatten in kĂŒrzester Zeit zwei Mal die Hose gestrichen voll. Zuerst weil der Sturm tobte, das Boot volllief und ĂŒberhaupt die ganze Situation lebensbedrohlich fĂŒr sie war. Diese Angst ist also absolut nachvollziehbar.

Interessant ist aber der letzte Vers in diesem Bericht: V 41 (Elb): Sie fĂŒrchteten sich mit großer Furcht.

Im griechischen steht da „phobon megan“ Also eine Megaphobie.

Wie wenn dir der Zahnarzt, in einer sehr engen Höhle, die noch dazu mit Spinnen und Schlangen gefĂŒllt ist, eine Wurzelbehandlung ohne BetĂ€ubung macht. UngefĂ€hr so fĂŒhlten sich die JĂŒnger.


Diese Megaphobie hatten die JĂŒnger erst, nachdem der Sturm vorbei war. Vorher hatten sie „nur“ Überlebensangst, aber jetzt hatten sie eine Megaphobie. Warum?

»Wer ist dieser Mann, dass ihm sogar Wind und Wellen gehorchen?«

Ja, wer ist dieser Jesus?



Wir kennen ihn, als unseren Freund. Als jemand, der fĂŒr uns da ist. Der uns hilft und uns so sehr liebt, dass er sogar die Todesstrafe, die wir verdient hĂ€tten auf sich genommen hat.

In unseren westlichen, kirchlichen Köpfen ist das Bild von einem Mann, der sanft ist, der allen freundlich zulÀchelt und der keiner Fliege etwas zu leide tun kann.

Aber ist Jesus heute wirklich so? Damals war er es nicht. Siehe Tempelreinigung oder StreitgesprÀche mit den PharisÀern und Schriftgelehrten.

Und wie wir aus Heb 13,8 wissen ist und bleibt Jesus derselbe gestern und heute und in Ewigkeit.


Heißt das, dass wir uns vor Jesus fĂŒrchten mĂŒssen? NatĂŒrlich nicht! Und es war auch nicht so, dass die JĂŒnger spĂ€ter immer noch Angst vor ihm hatten. Aber in dieser Situation erkannten sie etwas in ihm, dass das Blut in ihren Adern gefrieren ließ.


Sie erkannten in Jesus den lebendigen Gott. Von dem es auch noch im NT heißt: Schrecklich ist's, in die HĂ€nde des lebendigen Gottes zu fallen. (Hebr 10,31)

Sie spĂŒrten förmlich diese unĂŒberwindbare Distanz zwischen dem heiligen Gott, der im reinsten Licht wandelt und uns sĂŒndigen Menschen. Und sie wussten, dass sie im Lichte dieses Gottes einfach nur verloren waren. Dass all ihr BemĂŒhen und ihre eigenen Versuche selber „gut“ zu sein, zu wenig waren.

Es erging ihnen wir dem Propheten Jesaja, der als er Gott in einer Vision begegnete ausrief: Weh mir, ich vergehe! (Jes 6,5)


Diese (von unserer Seite aus gesehen) unĂŒberwindbare Distanz ist noch immer da. Daran hat sich nichts geĂ€ndert. Wir Menschen sind von uns auch noch immer nicht gut genug, um vor diesem heiligen Gott zu bestehen. Auch wenn wir noch so „brav“ sind, oder uns ganz besonders anstrengen.


Die BrĂŒcke zu Gott wurde von ihm aus zu uns gebaut. Jesus selber ist diese BrĂŒcke. Wenn wir Jesus unser Leben anvertrauen, denn sieht Gott uns nicht mehr als SĂŒnder an, sondern er sieht uns durch seinen Sohn an, der ab dem Moment in unseren Herzen wohnt, ab dem wir ihn dorthin einladen.


Heute ist ja Reformationstag. Martin Luther war, Ă€hnlich wie die JĂŒnger nach der Stillung des Sturms, jemand, der lange Zeit Angst vor Gott hatte. Panische Angst. Er wusste, in den Augen eines gerechten und heiligen Gottes war er verloren. Die Frage, die ihn beschĂ€ftigte war daher: Wir schaffe ich es, oder was muss ich tun, damit Gott Gnade mit mir hat? Also nicht: Wie kann ich mich noch mehr anstrengen, damit Gott dann vielleicht mit mir zufrieden ist? Noch mehr gute Werke? Noch mehr Ablass bezahlen? Nein!

Er wusste, dass er bei Gott nur eine Chance hatte, wenn er von ihm begnadigt werden wĂŒrde. Gnade bedeutet ja: Ich bin zwar ein verurteilter Verbrecher, aber die Strafe, die ich zurecht zu erwarten habe, kommt nicht zur Anwendung. Dann spricht man von Gnade.


Er rang mit dieser Suche nach Gnade bei Gott so lange, bis er beim Übersetzen der Bibel entdeckte, dass Gott alle Menschen von sich aus annimmt (begnadigt), die ihr Vertrauen auf Jesus setzen. Paulus fĂŒhrt das im Römerbrief sehr ausfĂŒhrlich seinen Lesern vor Augen.


Luther war mit seinen Ängsten zu seiner Zeit nicht alleine. Das war die generelle „Stimmung“ (AtmosphĂ€re) der Menschen in Europa vor 500 Jahren. Die Menschen fĂŒrchteten sich viel mehr vor dem, was sie im Jenseits erwarten wĂŒrde, als davor in diesem Leben, Schmerzen, Benachteiligung oder sogar den Tod zu erleiden. Dass Sozialleistungen gekĂŒrzt werden könnten war fĂŒr sie kein Grund sich zu fĂŒrchten. Es gab sowieso keine.


Heute sind wir, was diese Frage angeht auf der anderen Seite vom Pferd gefallen. „Vor Gott fĂŒrchten? Der ist ja eh so lieb!“

Ja, Gott ist Liebe. Aber ist er „lieb“ im Sinne von „zahm, nachgiebig, oder harmlos? Nein! Er ist nach wir vor gerecht, heilig und ehrfurchtgebietend!


Was bedeutet das aber jetzt fĂŒr uns heute?

Gott will nicht, dass wir uns fĂŒrchten. Weder vor der Zukunft, noch vor sich verĂ€ndernden UmstĂ€nden, auch wenn diese UmstĂ€nde sich nicht zum Besseren Ă€ndern. Und schon gar nicht will er, dass wir uns vor ihm selber fĂŒrchten.

Er möchte, dass wir ihm vertrauen und eine Beziehung mit ihm eingehen. Angst ist ein absoluter Beziehungskiller.


Das heißt aber trotzdem nicht, dass wir uns auf einer Stufe mit ihm befinden. Dass er unser Kumpel wĂ€re, der nichts von uns erwarten dĂŒrfte. So ist es nicht.

Er ist der Schöpfer des Universums und er ist und bleibt allmÀchtig. Er ist nach wie vor, der König der Könige und er Herr aller Herren.

Auch mein Herr.

GlĂŒcklich sind die, die diese Tatsache bei Lebzeiten anerkennen. Irgendwann mĂŒssen und werden sich einmal alle Knie vor Gott beugen und ihn als Herrn ĂŒber sich anerkennen.


Wir sind alle heute, ob wir es wollen oder nicht, geprĂ€gt von einem Geist, der sich gegen AutoritĂ€t in jeglicher Form auflehnt. Eine besondere AusprĂ€gung dieses Geistes war die „antiautoritĂ€re Erziehung“. Sie gilt in der PĂ€dagogik, Gott sei Dank, mittlerweile als ĂŒberholt, aber die Nachwehen merken wir in ganz vielen alltĂ€glichen Begebenheiten. Dass Kindern ihren Eltern nicht gehorchen wollen, beklagten zwar schon die alten Griechen und ich glaube, es gibt kaum eine Generation, die das nicht tat, aber das macht die Sache nicht richtiger.


Was aber sicher besonders in unserer Zeit ist, ist die Abnahme des Respekts vor Gott, auch und gerade unter GlĂ€ubigen. NatĂŒrlich ist Jesus unser Freund und Bruder und ich bin sehr froh darĂŒber. Aber das bedeutet nicht, dass ich ihn nicht mehr ernst nehmen muss, oder keinen Respekt vor ihm haben brauche.


Versteht mich nicht falsch: Ich finde es sehr schön, wenn wir Gott im Gebet vertraut mit „Papa“ anreden, auch wenn das fĂŒr die Ohren unserer GroßvĂ€ter vielleicht anmaßend klang. Ich habe auch kein Problem damit, zu Gott im Sitzen, oder sogar im Liegen zu beten, wenn es passt.

Ich kann mich erinnern, dass Johannes Reimer, der ja in der Sowjetunion aufgewachsen ist, erzÀhlt hat, wie respektlos es ihm vorkam, dass die GlÀubigen nicht auf ihren Knien beten, oder nicht ihre beste Kleidung zum Gottesdienst anziehen.

Diese kulturellen Besonderheiten meine ich nicht.


Wo wir uns alle heute aber an der Nase nehmen mĂŒssen, die die Haltung den Willen Gottes nicht mehr so ernst zu nehmen. Im Besonderen meine ich den Willen Gottes fĂŒr unser Leben

Beispiele:

„Ich weiß, ich sollte regelmĂ€ĂŸig in Gottes Wort lesen, aber ich schaue mir doch lieber die aktuelle Serie im Fernsehen an.“

Oder:

„Ich habe zwar diese, oder jene Gabe, aber diese Gabe zu trainieren, weiter zu entwickeln oder gar einzusetzen, dazu bin ich nicht bereit.“

Oder:

„Ich weiß zwar, dass Gott Gemeinschaft liebt. Sowohl mit ihm, als auch mit Geschwistern, aber in der Praxis sind mir andere Dinge dann doch noch wichtiger.“

Versteht ihr was ich meine?

Wir sagen zwar, dass er die Nummer Eins in unserem Leben ist, aber es ist eben genau unser Leben, das etwas Anderes als Nummer Eins ausweist.

Und ich will hier mit meinem Finger nur auf eine einzige Person zeigen: Das bin ich selber! Aber wenn du dich in diesem Denken wiederentdeckst, dann bitte Gott dir zu helfen, diese Denkweise und damit diese Haltung zu Ă€ndern. Ich weiß, dass Gott solche Gebete sehr gerne und sehr prompt erhört.


Wir lieben es Gott anzubeten. Aber Anbetung ist viel mehr, als im Lobpreis ergriffen zu sein, weil mir ein Lied zu Herzen geht. Das ist schön und wichtig, aber echte Anbetung geschieht in meinem Leben, weil diese Anbetung aus einem Herzen fließt, dass sich wirklich ganz Gott hingegeben hat.

Nicht weil mein Herz Angst vor Gott hat, sondern weil es aus Liebe zu ihm alles tun wĂŒrde um in seiner NĂ€he sein zu dĂŒrfen.

1. Joh 4,18f: Wirkliche Liebe ist frei von Angst. Ja, wenn Gottes vollkommene Liebe uns erfĂŒllt, vertreibt sie sogar die Angst. Wer sich also fĂŒrchtet und vor der Strafe zittert, bei dem ist Gottes Liebe noch nicht zum Ziel gekommen.

19 Wir lieben, weil Gott uns zuerst geliebt hat.


Echte Liebe sagt aber nie: „Du bist mir nicht so wichtig.“ Wenn wir Gottes Liebe auf eine Art erwidern, die seiner wĂŒrdig ist, dann kann nichts anderes wichtiger sein, als in seiner NĂ€he zu bleiben und das zu tun, was er fĂŒr und von uns will!



Nochmals: Jesus ist unser Freund und Bruder. Er ist das Lamm, das fĂŒr uns geschlachtet wurde. Aber er ist gleichzeitig auch der Löwe von Juda. Sein BrĂŒllen ist furchterregend. Aber nicht wir mĂŒssen uns fĂŒrchten, wenn er brĂŒllt. Sehr wohl aber der Feind. Wir brauchen also auch keine Angst vor dem Feind Gottes haben. Auch wenn er ebenso herumgeht wie ein brĂŒllender Löwe. Er war schon immer ein eifriger Kopierer. Er macht immer alles nach, was Gott tut und versucht es zu verdrehen. Allerdings gegen das Original, gegen den Löwen von Juda, ist er absolut machtlos.


Im Film Narnia ist der Löwe Aslan ein Bild fĂŒr Jesus. Es ist sehr schön herausgearbeitet, wie einerseits sehr vertraut die vier Geschwister mit Aslan sein dĂŒrfen, aber gleichzeitig wie furchteinflĂ¶ĂŸend der Löwe sein kann, wenn er fĂŒr die Geschwister kĂ€mpft.


Dieser Löwe von Juda, dieser Jesus, kĂ€mpft fĂŒr uns, gerade dann, wenn der Feind uns mit seinem BrĂŒllen einschĂŒchtern will.

Wir können voller Vertrauen mit Davids Worten beten: (Ps 27,1)

Der HERR ist mein Licht, er rettet mich. Vor wem sollte ich mich noch fĂŒrchten? Bei ihm bin ich geborgen wie in einer Burg. Vor wem sollte ich noch zittern und zagen?

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