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  • Peter Köttritsch

Von Hunden und Kindern

Aktualisiert: 11. Juli 2022


Was sagt ein Hund, wenn er eine hübsche Hündin sieht? Wau!


Hunde sind ja in Österreich gleichzeitig geliebt und gehasst. So mancher hat schon einmal geärgert, wenn er in einen Hundehaufen gestiegen ist, oder vielleicht gefürchtet, wenn er von einem Hund angeknurrt wurde. Gleichzeitig sind Hund wohl die treusten Haustiere und Gefährten für uns Menschen. Und das schon seit vielen tausenden Jahren.


Auch in der Bibel werden mehrfach Hunde erwähnt. Dort werden sie meist negativ assoziiert, mitunter als Schimpfwort verwendet.

Es gibt in Israel bis heute halb wilde Hunde (Pariahunde), die in Rudeln zusammenleben und sich von dem ernähren, was sie finden, bzw. was ihnen vorgeworfen wird. Sie bilden damit eine Art Müllabfuhr für Genießbares und haben dadurch auch eine Funktion als Gesundheitspolizei.


Ich habe mich der Herausforderung gestellt, heute über einen Bibeltext zu sprechen, der auch sehr leicht missverstanden werden kann. Konkret geht es um einen Text in Mk 7, in dem Jesus eine ausländische Frau- und mit ihr alle Nichtjuden mit Hunden vergleicht. Ich habe einmal einen muslimischen Prediger im Internet über uns Christen sagen hören: „Was? Diesem Jesus, der euch als Hunde beschimpft, wollt ihr folgen?“


Aber lasst uns diesen Text einmal gemeinsam lesen:

Mk 7, 24-30

24 Jesus brach von dort auf und ging mit seinen Jüngern in die Gegend von Tyrus. Dort zog er sich in ein Haus zurück, denn er wollte unerkannt bleiben. Aber es sprach sich schnell herum, dass er gekommen war.

25 Davon hatte auch eine Frau gehört, deren Tochter von einem bösen Geist beherrscht wurde. Sie kam zu Jesus, warf sich ihm zu Füßen 26 und bat ihn, den Dämon aus ihrer Tochter auszutreiben. Die Frau war keine Jüdin, sondern eine Syrophönizierin.

27 Jesus antwortete ihr: »Zuerst müssen die Kinder versorgt werden, die Israeliten. Es ist nicht richtig, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden hinzuwerfen.«

28 »Ja, Herr«, erwiderte die Frau, »und doch bekommen die Hunde die Krümel, die den Kindern vom Tisch fallen.«

29 »Damit hast du recht«, antwortete Jesus, »du kannst nach Hause gehen! Ich will deiner Tochter helfen. Der Dämon hat sie bereits verlassen.«

30 Und tatsächlich: Als die Frau nach Hause kam, lag ihre Tochter friedlich im Bett. Der Dämon hatte keine Macht mehr über sie.


Wie gesagt, ein herausfordernder Bibeltext für mich. So wie Jesus mit dieser Frau spricht, entspricht das nicht dem lieben, netten und zu allen Menschen freundlichen Jesus, den wir so in unseren Hinterköpfen abgespeichert haben. Es scheint so, als würde Jesus manche Menschen bevorzugen und andere weniger, oder gar nicht zu lieben. Man könnte Jesus in dieser Situation sogar eine rassistische Haltung unterstellen.


So wie in allen Völkern, so gab und gibt es auch unter den Juden einen „starken Patriotismus“. Die Grenze zwischen Patriotismus und Nationalismus, bzw. dann Rassismus ist ja fließend.

Die Juden hatten verschiedene Bezeichnungen, wie z.B. „Goj“ (Pl. „Gojim“) für die Nichtjuden. Dieses Wort wurde auch als Schimpfwort für Juden verwendet, die sich „nichtjüdisch“ verhielten. (Also sich nicht genau an das Gesetz hielten).

In manchen seiner Briefe betont Paulus zwar, dass diese Grenze zwischen Juden und Heiden/Griechen; Beschnittenen und Unbeschnittenen (=Gojim) in der Gemeinde durch Jesus aufgehoben ist, aber es zeigt auch, dass diese Grenze sehr wohl noch da war. Dieser Konflikt war auch Grundlage für die Einsetzung der Diakone in Apg 6.


War also Jesus in dieser Situation jemand, der die „Gojim“, also die Menschen, die biologisch nicht zum Volk Israel gehörten gar nicht am Schirm hatte? Hat er seine Mission, zumindest zu dieser Zeit, als eine Mission alleine für und an den Juden verstanden? Oder gibt es da eine tiefer liegende Wahrheit dahinter für uns zu entdecken? Und wenn „ja“, was bedeutet diese Wahrheit dann für uns heute?


Die Ausgangssituation war ja die, dass Jesus sich zurückziehen wollte. Er wollte unbemerkt bleiben. Vielleicht war er einfach müde und brauchte einfach einmal eine Pause. Auch wir merken, so am Ende eines Arbeitsjahres, dass sich so mancher nach Urlaub sehnt. Es war ein Arbeitsjahr mit vielen schönen Erlebnissen, aber auch mit manchen Herausforderungen.

Wir Menschen können nicht immer nur mit Vollgas durch das Leben rauschen. So wie unser Herzschlag eine Wellenbewegung macht und auf jede Anspannung dann auch wieder eine Entspannung folgt, so ist auch unser Lebensrhythmus. Auch Jesus war, wie wir wissen ganz Mensch. Auch er konnte nicht unaufhörlich geben, ohne selber für sich auch Zeiten zu haben, in denen er empfing, zur Ruhe und zum Auftanken kam.

Er ging dafür sogar ins benachbarte Ausland. Die Gegend von Tyros liegt im heutigen Libanon. Aber selbst dort hatte sich herumgesprochen, dass durch Jesus Menschen geheilt wurden. Jesus hatte also einen Ruf, der offensichtlich weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt war.

Diese Frau, deren Tochter von einem Dämon gequält wurde, hatte ganz offensichtlich von Jesus gehört.

Welchen „Ruf“ hat Jesus heute? Was würden die Leute auf der Straße antworten, wenn du fragst: Wer ist dieser Jesus?

· Guter Mensch

· Religionsstifter

· Wundertäter

· Sohn Gottes (Was heißt das?)

· Herr…


Jesus ist ja hier. Wir sind sein Leib. Nur so zum Nachdenken:

Nehmen die Menschen Jesus in uns so wie ihn damals wahr?

Falls nicht: Was muss sich ändern?


Aber zurück zu dieser Geschichte: Warum wollte Jesus dieser Frau nicht gleich helfen? Warum dieser Vergleich mit den Hunden?

Jesus hat betont, dass er gekommen ist um die verlorenen Schafe des „Hauses Israels“ zu retten. Also seine Botschaft (und somit auch sein Dienst und sein Handeln) richtete sich primär an sein Volk. An die Juden. Das heißt nicht, dass ihm die anderen Menschen egal wären, aber er hatte Prioritäten. Wie wir gerade vorhin gesehen haben, konnte selbst Jesus nicht über seine Grenzen gehen. Weil er ganz Mensch war, musste er Prioritäten setzen.

Stell dir einen Arzt vor, der zu einem Busunfall kommt, bei dem es viele Verletzte gibt. Es gibt ganz viele Menschen, die ärztliche Hilfe brauchen, aber er muss die Entscheidung treffen, wem er als erstes hilft.


Jesus hatte ganz klare Prioritäten. Er war als Jude zuallererst zu den Juden gesandt. Zu jenem Volk, das eine lange Geschichte mit Gott hatte. Das Volk, das auch die Verheißung hatte, dass Gott diesen Messias, diesen Retter zu ihnen schicken wird. Aber sehr wohl kennt bereits das AT die Verheißung, dass dann dadurch, dass der Messias zu Israel kommt, die anderen Völker auf der ganzen Welt gesegnet werden und auch sie von diesem Rettungsangebot Gottes erfahren und profitieren werden, aber zu allererst hörte man die frohe Botschaft in Israel.

Zuerst müssen die Kinder (Israel) satt werden. Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen um es den Hunden zu geben.


Das war wie gesagt so zu einer Zeit, als Jesus als physischer Mensch auf dieser Erde war. Hat sich daran heute etwas geändert? Jesus ist nach wie vor da, aber nicht mehr als ein physischer Mensch, sondern sein Leib besteht heute aus Millionen Menschen, überall auf diesem Globus. Natürlich ist jeder von diesen Jesus Nachfolgern für sich gesprochen auch nur ein Mensch mit allen Begrenzungen, die das Menschsein mit sich bringt. Auch wir können nicht über unsere Grenzen gehen. Aber wir können uns gegenseitig unterstützen und helfen, ermutigen und anfeuern. Und vor allem, sind wir viele! Nicht mehr nur ein Mensch. Auf diese Art kann Jesus heute unendlich mehr Menschen erreichen und ihnen dienen als je zuvor.

Und ja: Unsere Aufgabe ist es, das Werk, das was Jesus vor 2000 Jahren getan hat, hier und heute zu tun. Kranke heilen, Dämonen auszutreiben, Gefangene befreien, das Reich Gottes verkünden und die Werke des Teufels zerstören. Das hat Jesus damals getan, das tut er durch uns heute.


Ich möchte noch einmal zu dieser Frau kommen, die Jesus seine wohlverdiente Ruhepause verdirbt. Ihr Anliegen als Mama ist absolut nachvollziehbar. Einer Mutter ist normalerweise (gibt auch Ausnahmen) das Wohlergehen ihres Kindes absolut wichtig. Da setzt sie sich schon einmal über gesellschaftliche Normen hinweg. Es war kulturell gesehen ungeheuerlich, wie diese Frau Jesus bedrängt hat, um ihrer Tochter zu helfen.

Was aber in dieser Szene für mich berührend schön ist: Jesus lässt sich erweichen. Er war ein Mann mit Prioritäten und Prinzipien. Er hat seine Meinung nicht leichtfertig geändert. Er ist immer zu dem gestanden, was ihm wichtig war, egal welche Konsequenzen es für ihn haben konnte.

Mit den Pharisäern und Schriftgelehrten hat diskutiert, nicht selten hat er sich auch mit ihnen gestritten. Aber nie hat er aufgrund irgendwelcher Argumente seine Haltung geändert. Er war absolut „gerade“, standfest und unbestechlich.

Aber diese Frau hat sein Herz berührt. Gott ist kein Mensch, der wankelmütig seine Entscheidung immer wieder revidiert. Und trotzdem lässt sich Gottes Herz erweichen. Ja, er ist gerecht und heilig. Er lässt 5 eben nicht so einfach gerade sein und sieht über Unrecht eben nicht großzügig einfach hinweg. Aber trotzdem ist er kein Paragraphenreiter, der sich einzig und allein an Regeln hält und dies auch von seinen Untergebenen einfordert. Er ist auch voller Gnade und Barmherzigkeit. Gerade Schwache, Benachteiligte, Unterdrückte, Kinder, Witwen und Waisen usw. liegen ihm ganz besonders am Herzen.


Jesus sieht, dass diese Frau, obwohl sie den Gott Israels wahrscheinlich kaum kennt, doch etwas von dessen Großzügigkeit und überfließenden Liebe ahnte und deshalb ihr ganzes Vertrauen auf ihn setzte.

Sie hat ganz offenbar kein Problem damit, mit einem Hund verglichen zu werden, der nur das abbekommt, was unter den Tisch fällt. Sie weiß, dass selbst diese Brotkrümel ihrer Tochter helfen können, wenn diese Brotkrümel von Jesus kommen.

Jesus sagt zu ihr: Du kannst getrost nach Hause gehen. Der Dämon hat deine Tochter verlassen.

Wow! (Jetzt spreche ich auch schon wie ein Hund 😊)


Es kann sein, dass Jesus den Glauben dieser Frau erst prüfen wollte. Manchmal sagt Gott zu unseren Bitten nicht sofort „ja“, weil er uns einen Spiegel vorhält und uns prüft, wie ernst wir es mit dem meinen, was wir von ihm erbitten.

Es kann sein, dass Jesus schlicht und einfach nur menschlich reagiert hat. Schließlich kostete ihn jede einzelne Heilung auch Kraft. Als er heimlich von einer anderen Frau, die seit Jahren an Blutungen angerührt wurde, heißt es, dass Jesus merkte, dass heilende Kraft von ihm ausgegangen war. (Mk 5,30)

Wenn du für Jemanden z.B. um Heilung betest, oder einer Person im Namen Jesu dienst, dann kostet dich das etwas. Zeit, Aufmerksamkeit, Überwindung… Das geht nicht so im Vorbeigehen, oder von selbst. Natürlich ist es Jesus, der diese Dinge durch uns tut. Insofern ist es für uns auch wieder leicht. Aber ohne „Input“ gibt es keinen „Output“.


Wie auch immer, ich bin mir sicher, dass dieser Vergleich von Jesus mit den Hunden nicht abwertend gemeint war. Sondern für mich zeigt sich in diesem Bild ganz klar, dass Gottes Liebe und Fürsorge allen Menschen gilt. In ganz besonderen Maß erleben das die Menschen, die Jesus vertrauen. Egal, ob sie zum „ersten Volk Gottes“, den Juden gehören, oder wie wir, zu den „Gojim“. Wir sind jetzt genauso Kinder Gottes, die mit Jesus gemeinsam am Tisch sitzen. Egal, ob wir uns dabei wie Prinzessinnen und Prinzen fühlen, oder wie Hunde.

Am Ende steht, dass die Tochter dieser Frau geheilt war. Und ganz am Ende wird sein, dass Jesus Sieger ist. Darum: Vertrau jetzt schon diesem Jesus ganz.



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