Ein Mann kommt in ein Restaurant und sagt: „Ich hätte gerne rasch eine Kleinigkeit zu Essen. Ich muss nämlich schnell wieder weg.“
Darauf der Kellner: „Das trifft sich gut. Dann nehmen Sie doch das letzte Thunfischsandwich. Das muss auch ganz schnell weg.“
Unsere Zeit ist sehr schnelllebig. Bsp.: Im französischen Restaurant in Hamburg, wollte ich die Nachspeise gleich mitbestellen…
Die Afrikaner sagen gerne zu uns Europäern: „Ihr habt zwar die Uhr, aber wir haben Zeit.“
Wie wohltuend ist es, wenn sich jemand Zeit für uns nimmt. Wir alle haben ja gleich viel Zeit, Ich kann/muss mich also entscheiden, wofür ich mir Zeit nehme.
Schön, dass du dir Zeit genommen hast um diesen Vormittag gemeinsam mit allen anderen Geschwistern hier in der Gegenwart Gottes zu sein, dich auf ihn auszurichten und von ihm zu lernen.
Jesus war ja auch ein sehr beschäftigter Mann. Wenn er versucht hätte alle an ihn gerichteten Erwartungen zu erfüllen, dann hätte er vermutlich in kürzester Zeit einen Burnout erlitten.
Wir sind ja in meinen Predigten auf einer Reise durch das Markusevangelium und wir sind jetzt mitten im 9. Kapitel. Bei meiner letzten Predigt haben wir ja gesehen, dass Jesus es mit einer großen Menschenmenge zu tun hatte und er sehr machtvoll demonstrierte, was Glauben bedeutet. Und so geht es jetzt weiter:
Mk 9,30-37
30 Sie verließen diese Gegend und zogen durch Galiläa. Jesus wollte nicht, dass die Leute davon erfuhren, 31 um mehr Zeit mit seinen Jüngern verbringen und sie unterweisen zu können. Er sagte zu ihnen: »Der Menschensohn wird verraten werden. Man wird ihn töten, aber drei Tage später wird er von den Toten auferstehen.«
32 Doch sie verstanden ihn nicht und wagten ihn nicht zu fragen, was er damit meinte.
33 In Kapernaum angekommen, gingen Jesus und seine Jünger in das Haus, in dem sie wohnen wollten. Jesus fragte sie: »Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?«
34 Sie schwiegen, denn sie hatten darüber geredet, wer von ihnen wohl der Wichtigste sei.
35 Da setzte er sich hin, rief die zwölf Jünger zu sich und sagte zu ihnen: »Wenn jemand der Erste sein will, muss er den letzten Platz einnehmen und allen dienen.«
36 Dann stellte er ein kleines Kind in ihre Mitte, nahm es in die Arme und sagte zu ihnen:
37 »Wer solch ein kleines Kind um meinetwillen aufnimmt, nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt meinen Vater auf, der mich gesandt hat.«
Das ist schon interessant: Jesus schaufelt sich frei, er sorgt dafür, dass seine Jünger eine ungestörte Zeit mit ihm verbringen können. Und er zeigt damit, wie wichtig ihm seine Jünger sind. Er hätte jeden Tag zu tausenden Menschen sprechen können, aber seinen Jünger waren ihm wichtiger als die großen Massen.
Er hat auch schon eine klare Vorstellung davon gehabt, was er mit dieser Zeit, die er sich für seine Jünger nimmt, anfangen will: Er lehrte sie.
Hier steht nicht wie das ganz praktisch abgelaufen ist. Ob sie sich im Schatten eines Baumes zusammengesetzt haben, oder ob er unterwegs viele Einzelgespräche geführt hat. Ob er ihnen Hausaufgaben aufgegeben hat, oder ob er sie auf Kleingruppen aufteilte uns sie irgendwelche Übungen machen ließ. Seine ganze Lehrtätigkeit wird hier mit nur 2-3 kurzen Sätzen zusammengefasst: Jesus sagt:
· Man wird mich verraten.
· Ich werde sterben.
· Aber ich werde nach drei Tagen wieder auferstehen.
Wir wissen, dass Jesus schon einmal genau das seinen Jüngern angekündigt hat. (Mk 8,31) Damals nahm Petrus ihn beiseite um ihn auf andere Gedanken zu bringen. Könnt ihr euch noch auf die Scharfe Reaktion Jesu auf diese „gut gemeinte“ Handlung von Petrus erinnern? „Fort mit dir Satan!“
Wenn Petrus eines aus dieser ersten Leidensankündigung von Jesus gelernt hat, dann, dass er in diesen Momenten besser die Klappe hält.
32 Doch sie verstanden ihn nicht und wagten ihn nicht zu fragen, was er damit meinte.
Ich bin zwar nach wie vor der Überzeugung, dass Jesus ein sehr guter Lehrer war, aber diese (vermeintlich einfache) Botschaft ist zumindest zu jener Zeit nicht bei Jüngern angekommen.
Das erinnert mich an so manche Distance Learning Erfahrung in der Pandemie Zeit. Als ich meine Schüler zwar auf dem Bildschirm vor mir gesehen habe, aber in ihre Augen lesen konnte, dass kaum eine Botschaft von meinem Mund bei ihnen wirklich angekommen ist.
Irgendetwas muss aber doch von der „Unterrichtsstunde“ bei den Jüngern hängen geblieben sein. „Wenn Jesus vom Sterben spricht, dann bedeutet das, dass er einen Nachfolger braucht. Wer wird da wohn in Frage kommen?“
Als Jesus sie gefragt hat, worüber sie sich unterwegs unterhalten haben war es wieder da: Das betretene Schweigen. Keiner wollte den Mund aufmachen. So wie bei der Situation, als Jesus vom Berg der Verklärung herunter gekommen ist und die restlichen Jünger ganz offensichtlich diesem besessenen Buben nicht helfen konnten.
Oder ein ähnlich betretenes Schweigen, als Jesus sein Leiden und seinen Tod ganz klar ankündigt, sie aber sich nicht nachfragen trauen.
Und jetzt fühlten die Jünger sich vermutlich wie ein kleines Kind, das genau weiß, dass es etwas angestellt hat, was es nicht soll. Es weicht dem Blick aus. Die ganze Atmosphäre ist von Scham geprägt. Von unserem menschlichen Empfinden würden wir sagen: Zurecht.
Die Agenda von Jesus war: Seine Bestimmung, das Kreuz und die Auferstehung. Karfreitag und Ostern.
Die Agenda der Jünger war: Wer wird dann Chef? Wer ist der größte, schönste, beste und wichtigste unter uns?
34 Sie schwiegen, denn sie hatten darüber geredet, wer von ihnen wohl der Wichtigste sei.
Aber Jesus reitet nicht auf ihrem Fehlverhalten herum, sondern nutzt diese Gelegenheit um ihnen (wieder einmal) das Reich Gottes ganz praktisch vor Augen zu führen. Wie ihr wisst, ist im Reich Gottes meist genau das Gegenteil von dem wichtig, was in dieser Welt gilt.
In der Welt gilt: Der Stärkere gewinnt. Jesus sagt: Wer der größte unter euch sein will, der soll allen anderen dienen.
In der Welt gilt: Ich muss auf mich schauen. Jesus sagt: Dient einander in Liebe.
Die Welt sagt: Dein Image ist wichtig. Die Bibel sagt: Einer achte den Andern höher als sich selbst.
In der Welt muss ich mir einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten. In den Psalmen steht: Dein Seinen gibt’s der Herr im Schlaf.
In der Welt heißt es: Jeder ist seines Glückes Schmied. In der Bibel heißt es: Alle eure Sorgen werft auf ihn.
Und hier, wo die Jünger darum streiten, wer der Wichtigste unter ihnen ist, stellt Jesus ein kleines Kind in ihre Mitte.
Es heißt zwar mittlerweile in unserer westlichen Welt, dass Kinder wichtig sind, aber die Realität sieht dann leider nicht selten ganz anders aus. Viel zu oft werden sie auf dem Altar unserer Karriere geopfert, oder gar zu Schwangerschaftsgewebe degradiert und abgetrieben, weil sie nicht in unsere Lebensplanung passen.
Kinder sind laut, kosten Zeit, Geld und Aufmerksamkeit und stören oft unsere „erwachsene Welt“. In der Wohnanlage in der Matthias und Lisa gewohnt haben, hing im Eingangsbereich ein Zettel mit der Aufschrift: „Ballspielen in der ganzen Anlage verboten!“
In der Antike hatten Kinder einen sehr geringen Stellenwert. Sie waren sehr oft einfach eine Arbeitskraft, oder wurden als Sklaven verkauft, wenn sich jemand verschuldete.
Auch die Jünger wollten diese kleinen Störenfriede von Jesus (der ja wichtigeres zu tun hat) fernhalten. Das was eines der Momente, in denen Jesus echt sauer wurde. (Mk 10,14)
Und hier stellt Jesus ein Kind in die Mitte und sagt, dass dieses Kind genauso wichtig ist wie er selber.
37 »Wer solch ein kleines Kind um meinetwillen aufnimmt, nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt meinen Vater auf, der mich gesandt hat.«
Was können wir für uns heute aus dieser Geschichte lernen?
Es gibt ganz viele Lektionen, die wir aus dieser Bibelstelle mitnehmen können, aber ich möchte mich auf eine beschränken (Weniger ist oft mehr). Wenn du dir von heute nur einen Satz mitnimmst, dann bitte diesen:
Jesus nimmt sich Zeit für dich.
Und das gerne. Das Tolle an Jesus, seit er in den Himmel zurückgekehrt ist, ist dass er nicht mehr an unsere Zeit gebunden ist. Er kann durch den HG immer und überall mit dir zusammen sein.
In dem Lied „You’ve got a friend“ heißt es sinngemäß übersetzt: „Du brauchst nur meinen Namen zu rufen, und egal, wo ich gerade bin, ich komme angerannt um bei dir zu sein.“
Jesus braucht nicht einmal zu uns zu laufen. Er ist da! Wenn du ihn in dein Herz aufgenommen hast, dann lebt er sogar in dir.
Und er sehnt sich danach, mit dir Zeit zu verbringen. Er hat nicht die Erwartung, dass du etwas für ihn tust, oder dich sogar für ihn aufopferst. Ein Opfer, das Gott versöhnt hat, war er selber. Es ist kein weiteres Opfer mehr nötig. Er will einfach mit dir zusammen sein. Er nimmt sich für dich alle Zeit des Himmels. (nicht nur der Welt)
So wie es zum Streiten auch immer zwei braucht, so ist es auch mit einer liebevollen Beziehung. Auch da braucht es (mindestens) zwei.
Jesus nimmt sich gerne Zeit für dich. Aber ohne dass du dir auch Zeit für ihn nimmst, wird diese Freundschaft zwischen dir und ihm nicht stattfinden, geschweige denn wachsen können.
In der Bibel zu lesen, mit Jesus zu reden und auf seine Stimme zu hören (Gebet), Gemeinschaft mit anderen Geschwistern in der Gegenwart Gottes zu sein usw. sind die wichtigsten, aber sicher noch nicht alle Möglichkeiten diese Beziehung zu ihm zu gestalten.
Aber noch einmal: Es geht dabei nicht um eine fromme Leistung. Wenn du jeden Tag betest, in der Bibel liest, regelmäßig die Gemeinschaft im Gottesdienst suchst usw. ist das sehr gut. Aber wenn du das alles aus einer Haltung der Pflichterfüllung heraus machst, ist es nicht viel wert. Es ist so, wie wenn du in ein schönes Restaurant mit köstlichsten Speisen eingeladen wirst, aber du dir vom Buffet nur ein Schnitzel mit der Hand nimmst und es im hinausgehen in deinen Mund stopfst. Der ärgste Hunger ist vielleicht gestillt, aber das, was dieses Restaurant ausmacht, hast du nicht erfahren. Dafür hättest du dir etwas mehr Zeit nehmen müssen.
Jesus wartet auf dich. Jeden Tag, jede Stunde, jeden Augenblick deines Lebens will er mit dir verbringen.
Aber es ist auch ganz wichtig, dass du ihn zu Wort kommen lässt. Dass es um seine Agenda geht, nicht nur um deine Wünsche und Bedürfnisse. Natürlich auch um dein Leben, aber da konkret darum, wie ER sich dein Leben vorstellt. Was ER für dich vorgesehen hat. Welche Pläne ER für dich hat.
Es kann sein, dass seine Pläne für dich etwas anders aussehen, als das, was dein alter Adam sich erträumt hat. Aber wenn du ihn kennst, dann weißt du, dass dir auf lange Sicht gesehen nichts besseres passieren kann, als dass seine Pläne in deinem Leben zur Realität werden.
Deshalb haben wir am Donnerstag in unserem Treffen diese Übung mit Sabine gemacht. Sie soll dir helfen, das zu entdecken und Realität werden zu lassen, was Gott, vielleicht vor langer Zeit, schon in dich hineingelegt hat.
Wenn du diesen Traum Gottes auslebst, dann kommst du in deine Bestimmung. Dann wirst du immer mehr die Person, die Gott sich gedacht hat, als er dich schuf.
Menschen, die das für sich entdeckt haben, sind die glücklichsten Menschen auf diesem Planeten. Nicht die, die das meiste Geld haben, oder den meisten Einfluss, oder das hübscheste Gesicht, oder die beste Figur, oder die netteste Familie, oder was auch immer uns vorgegaukelt wird, das wichtig wäre.
Dieser Traum Gottes für dein Leben kann sich nur dann zur Gänze entfalten, wenn du das Angebot Jesu, dass er sich Zeit für dich nimmt annimmst und dir auch die Zeit nimmst, die es braucht um eine gesunde, lebendige Tragfähige Beziehung zu ihm zu haben.
Das heißt jetzt nicht, dass du den ganzen Tag mit gefalteten Händen in einer Kirche sitzen musst. Das kann bedeuten, dass Gott dich zu einer längeren Zeit des Gebets mit ihm allein ruft, muss es aber nicht zwingend.
Lass vor allem Jesus in allem, was du tust, Teil deines Lebens sein. Das kann beinhalten, dass du in deiner Alltagsroutine immer wieder einmal innehältst, deine Gedanken auf ihn ausrichtest und ihn fragst, wie er diese Person, oder diesen Moment sieht, wie er diese oder jene Entscheidung treffen würde und wem er durch dich begegnen möchte.
Wie auch immer: Zeit ist etwas sehr Kostbares. Jesus nimmt sich für dich Zeit. Weil du ihm uneingeschränkt wichtig bist. Wenn du darauf antwortest und ihm deine Zeit, deine Aufmerksamkeit und dein Herz schenkst, kann er daraus sehr viel Gutes entstehen lassen.
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