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  • Sabine Köttritsch

Psalm 23. Der Herr ist mein Hirte – bin ich ein Schaf?

Aktualisiert: 28. Juni 2023


Psalm 23 ist der Psalm, den wir im Konfirmandenunterricht der evangelischen Kirche auswendig lernen mussten. In meiner Lutherbibel, die ich in der Schule bekommen habe, sind wichtige Verse fett gedruckt. Psalm 23 ist als ganzes fett gedruckt. Er ist offensichtlich mit so viel essentieller Information und Wahrheit ausgestattet, dass er besonders hervorgehoben wird.


Geschrieben wurde er von König David, der als Teenager die Schafe seines Vaters gehütet hatte und die Arbeit und den Alltag des Hirten zur Genüge kannte. Er war bestimmt sehr wachsam und merkte schnell, wenn nicht alle Tiere da waren. Er war bei Wind und Wetter draußen und hatte oft Begegnungen mit Raubtieren, wie Bären oder Löwen, denen er schon das eine oder andere Mal ein Schaf aus dem Maul riss. Er wusste, was es bedeutete, auf die Tiere aufzupassen und möglichst keines zu verlieren! Er kannte die Last der Verantwortung eines Hirten.


Um es mit Eigenschaftswörtern zu sagen: Er war schnell, ausdauernd, wetterfest und mutig! 😊

Als David den Psalm 23 verfasste, war er König von Israel und empfand wahrscheinlich das Königsamt streckenweise auch als Hirtendienst! Das Volk musste geführt und geleitet werden, manch unliebsame Entscheidung war zu treffen und David sah sich vielen Feinden gegenüber, die 1. Ihm persönlich und 2. Dem Volk Israel schaden wollten.


Wir wissen, dass er eine ganz besondere Beziehung zu Gott hatte und in allen Lebenslagen und Gemütszuständen Gedichte und Lieder schrieb, die in der Bibel unter dem Titel Psalmen veröffentlicht sind.

Wisst ihr, wie Gott im AT angesprochen werden wollte? Genau - als JHWH.


Jahwe bedeutet: Ich bin, der ich bin oder Ich werde sein, der ich sein werde. In den 10 Geboten heißt es ja auch, dass wir uns kein Bild von Gott machen sollen – also ihn nicht in gewisse Vorstellungen zwängen sollen. Für mich klingt das nach einer sehr unabhängigen Person, die nicht auf ein bestimmtes Merkmal festgelegt werden möchte. Aber er offenbart sich mit unterschiedlichsten Charaktereigenschaften.

Gleich zu Beginn des Psalms bekommt der Name einen Zusatz: Jahwe Roi – das bedeutet „der Herr, mein Hirte“. Das lässt den Schluss zu, dass David den allmächtigen Gott, den „Ich bin, der ich bin“, u. a. als Hirten erlebt hat.


Und genau darum geht es in den 6 Versen des Psalms: Wie schaut ein Leben unter der Führung Gottes aus. Es ist nicht nur ein Erfahrungsbericht Davids, sondern ein zutiefstes Kennen des Herrn. Und daraus folgt ein ganz ganz großes Vertrauen in ihn.


Der Herr ist mein Hirte - Jahwe Roi - mir wird nichts mangeln.


David sagt nicht nur: Mir mangelt nichts, sondern: Mir wird nichts mangeln. Mag kommen, was da will; mag eine Hungersnot das Land verwüsten oder ein Unglück die Städte zerstören, mir wird nichts mangeln. Das Alter mit seinen Gebrechen wird daran nichts ändern, ja selbst der Tod mit seiner Düsternis wird mich nicht verlassen finden. Ich habe alles und habe überflüssig (Phil. 4,1, vergl. V. 10-20); nicht darum, weil ich etwa einen reichen Geldvorrat auf der Bank habe, nicht weil ich gescheit und gewandt genug bin, mir mein Brot zu erwerben, sondern weil der Herr mein Hirte ist. Die Gottlosen haben immer Mangel, die Gerechten nie. Das Herz des Sünders ist nie befriedigt, aber die begnadigte Seele wohnt in dem Palast der göttlichen Zufriedenheit.


Er weidet mich auf einer grünen Aue und führt mich zum frischen Wasser.


Die Weideflächen im damaligen Israel waren wie so einzelne grüne Inseln. Wenn eine abgefressen war, zog der Hirte mit der Herde zur nächsten solchen Weide weiter. Er wusste, wo sie war und deswegen war es ziemlich klug, ihm zu folgen, wenn er losmarschierte. Zu trinken bekamen die Tiere oft aus Brunnen, wo der Hirte das Wasser herausgeschöpft hat… Die Schafe brauchen einen Hirten, der sie von einer Weide zur nächsten bringt, der sie beschützt, sie leitet und ihnen vorangeht, denn sie kennen den Weg zur nächsten passenden Weide nicht. Es ist überlebensnotwendig!


Wenn ein Schaf selbständig auf Futtersuche geht und sich damit von der Herde entfernt, kann es passieren, dass es mit seinem Fell, das es vor Kälte und Hitze schützen soll, in Dornen hängen bleibt und nicht mehr weiterkommt. Der Hirte merkt, wenn ein Schaf abhandenkommt und macht sich auf die Suche. Er kann und wird es aus seiner misslichen Lage befreien. In jedem Fall muss er die Herde verlassen und dieses Schaf suchen gehen, selbst wenn er schon weiterziehen möchte. Das heißt, abhanden gekommene Schafe halten den Hirten und die Herde auf und die anderen Schafe müssen für die Dauer der Suche allein und ohne Schutz gelassen werden. Es reicht also ein Ausreißer, dass alle anderen in Gefahr kommen….


Im Natürlichen ist es uns klar, dass das Futter irgendwann aus ist und wir den Kühlschrank wieder anfüllen müssen, damit uns nichts mangelt. Und selbst, wenn schlimme Zeiten kommen, dürfen wir sicher sein, dass Gott uns versorgen wird.


Aber unser Geist und unsere Seele brauchen auch Nahrung. Folgst du da auch dem Hirten oder sorgst du selbst für deine Nahrung? Wo verhedderst du dich, wenn du alleine auf Futtersuche gehst? Z. B. Serien schauen, Sport bis zum Umfallen betreiben, fischen gehen, ständige Kurzurlaube, arbeiten, virtuelle Welten aufsuchen am Computer und in Simulationsspielen, die eine schöne Flucht aus der momentanen Situation ermöglichen? Diese Dinge dürfen sein – eh klar – aber sie können den wirklichen Hunger und Durst deiner Seele und deines Geistes nach Schutz oder Lebendigkeit nicht auf Dauer stillen!


Festzuhängen, also gefangen zu sein, kann so viele verschiedene Gesichter haben! Oft sind es auch Charakterschwächen, die man gerne versteckt, weil man unbewusst glaubt, dass sie einen am Leben halten. Ich habe z. B. als Kind immer wieder gehört, dass die Masse der Menschen dumm ist. Wir als Familie nicht, denn wir lassen uns mit „denen“ nicht ein. Daraus entstand Stolz und ein sich besser Fühlen, als die anderen. Als mich jemand darauf aufmerksam gemacht hat, war das nicht angenehm und zuerst hab ich mich verteidigt. … In Wirklichkeit hat es mich aber unfrei gemacht und so habe ich diese Haltung abgelegt.

Wie behandelst du Menschen, die Gott schickt, um dich wieder zurückzubringen? Strampelst du wie verrückt und blökst du sie an, oder hältst du still, damit sie dich befreien können? Dankst du ihnen im Herzen oder denkst du: Das hätte ich eh alleine auch geschafft, z. B. aus einer Sucht oder aus Einsamkeit herauszufinden… oder wie in meinem Fall Überheblichkeit abzulegen…


Er erquickt meine Seele und führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Oder moderner übersetzt:

Er gibt mir Kraft. Er zeigt mir den richtigen Weg um seines Namens willen.


Das frische Wasser, zu dem mich der Herr führt, ist der Heilige Geist und der erfrischt mich, er reinigt, ermahnt und tröstet mich und gibt mir dadurch am inneren Menschen neue Kraft. Die Zeit der Pandemie hat uns nicht nur körperlich mit dem Virus herausgefordert, sondern unsere seelische Widerstandskraft aufgebraucht. Viele Menschen sind erschöpft durch diese Zeit und dieses Auf und Ab, durch die Ungewissheit usw. Vielleicht hast du zwischendrin auch gemerkt, dass du wegen all der Maßnahmen oder was auch immer, müde geworden bist. Vielleicht fühlst du dich sogar wie ein ausgetrockneter Schwamm.

Aber: Gottes Name ist JAHWE ROI – der Herr, mein Hirte – und weil er so heißt, bringt er dich am richtigen Weg zur nächsten fetten Weide mit Wasser bis zum Abwinken. Gott will dir so viel geben, dass du ein nasser Schwamm bist, von dem es nur so tropft!


Was muss ich also tun? Zu ihm und mit ihm gehen und dann auch essen und trinken – aus fertig. Wo ist er denn? In der Gemeinschaft! Geh in den Godi, geh in eine Kleingruppe, triff dich zum Gebet – aber bleib nicht allein! In der Bibel – lies sie oder lass sie dir vorlesen! In der Stille - verbring Zeit mit Gott im Gebet – rede mit ihm und höre, was er dir zu sagen hat! Im Lobpreis – sing solche Lieder oder hör sie an!

Und du wirst merken, dass deine Seele wirklich wirklich wirklich erquickt wird. Das Wort „erquicken“ leitet sich von "zurückkehren, wiederkommen" ab. nafschi j'schobeb bedeutet also wörtlich: "er lässt meine Seele zurückkehren", "er lässt meine Seele wiederkommen" - "er stellt meine Seele wieder her".


Das meint den Zustand, wenn du nicht mehr weißt, wer du bist, wenn du dich verloren und hilflos und zerbrochen fühlst, wenn du denkst, es geht nicht mehr weiter…. Das, was dich ausmacht, kommt also durch intensive Gemeinschaft mit Gott zurück! Er lässt deine Seele wiederkommen.


Und ob ich schon wandere im finsteren Tal (oder auch Tal der Todesschatten), fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich.


Im Talboden eines engen Tales zu wandern, ist eine interessante Erfahrung. Wenn du durch so ein enges Tal gehst, kannst du nicht aus, du musst es durchqueren und irgendwann hinter dir lassen. Für solche Strecken braucht man vor allem genug Wasser, gute Kondition, körperliche und mentale Kraft und Ausdauer. Wenn man eine Strecke das erste Mal geht, weiß man nicht, wie lange es noch dauert, bis man am Ziel ist. Das erste Mal ist spannend, weil man nicht weiß, was hinter der nächste Kurve ist. Die ermüdendsten Wege sind aber die, die schnurgerade aus führen und man denkt, man kommt dem Ende kein Stück näher. Kennt ihr das?


Oder seid ihr schon einmal wo gegangen und habt im Nacken irgendwie ein ungutes Gefühl gehabt? So ungut, dass sich alle Haare aufgestellt haben? Das erste, woran man denkt ist – schnell weg hier! Oder? So eine Gegend muss David mit dem Todestal gemeint haben. Auf dem Foto hier seht ihr das Wadi Kelt, wo Jesus die Geschichte mit dem barmherzigen Samariter angesiedelt hat. Es ist der Weg von Jericho nach Jerusalem. In so einem engen Tal, wo man nicht flüchten konnte, lauerten gerne Räuber hinter den Felsen bei engen Durchgängen. Solche Wege waren gefährlich und man konnte sich zu Recht fürchten!


Aber David kennt seinen persönlichen Hirten so gut, dass er sich eben nicht fürchtet! Er weiß, dass er einen bewaffneten Leibwächter an der Seite hat. Der kurze Stock war nämlich ein Schlagstock, mit dem wilde Tiere vertrieben bzw. erschlagen wurden. Der lange Stab war zum Abstützen beim Gehen und Anlehnen gedacht, wenn man müde war.


Zeiten, wo es im Leben eng wird, kennt jeder von uns, oder? Diese Phasen, wo womöglich Geldsorgen uns plagen oder ein geliebter Mensch stirbt. Wo wir nicht wissen, wie es im Beruf weitergehen soll oder wo man einen totalen Konflikt mit jemandem hat. Es kann sein, dass plötzlich eine schwere Krankheit auftritt oder Krieg ist – so wie wir es in der Ukraine mitansehen müssen. Diese Liste lässt sich noch lange fortsetzen. Was stellt sich in solchen Situationen meistens ein? Richtig – Angst!


Diese Bibelstelle ermutigt uns, Gott so zu vertrauen wie David es tat! Nicht fürchten, was kommen wird! Wissen, dass Gott als Leibwächter da ist und mitgeht! Beschützt sein, weil wir wissen, dass der Herr selbst für uns kämpft und uns mit seinem Leben verteidigt! Er kann nämlich nicht von den Feinden überwältigt werden.


Ganz im Gegenteil, denn Gott wird zum Gastgeber!


Du deckst mir einen Tisch vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein.


Ich stelle mir das so cool vor: Oben auf den Klippen stehen die Feinde und lauern. Da sagt Gott: „So, jetzt machen wir mal Pause. Komm, setz‘ dich!“


Und plötzlich steht da ein fein gedeckter Tisch im Schatten mit allem, was das Herz begehrt, der Körper braucht und so richtig Freude macht. Du setzt dich hin und denkst dir: „Okay, ….wenn du meinst…“ und schaust so aus den Augenwinkeln zu den Feinden hinauf.


Zuerst gießt er dir Öl über deinen Kopf als Zeichen, dass du ein willkommener Gast bist. Öl ist ja auch ein Bild für den HG und dieser sagt dir immer wieder, dass du ein geliebtes Kind/ Schaf bist und du dem Hirten da vertrauen kannst. Und die Feinde oben fangen an, sich zu wundern, dass ihr gar nicht ans Fürchten denkt, sondern anfangt, gemütlich zu essen und euch zu unterhalten, so als wären sie gar nicht da.


Jahwe Roi bedient dich, schenkt nach und schaut, dass es dir an wirklich nichts fehlt. Er hat die ganze Arbeit und du kannst dich stärken. Und weil im Orient damals der Gastgeber zu 1000 % für die Sicherheit seines Gastes verantwortlich war, weißt du, dass du nichts zu befürchten hast, weil er dich nämlich mit seinem Leben beschützen wird. Jesus hat es bewiesen…


Ich finde es sehr interessant, dass dieser Tisch im Tal der Todesschatten gedeckt wird und nicht auf der grünen Aue steht, wo die Aussicht eigentlich viel schöner und romantischer ist.


Es bedeutet also, dass sich der gute Hirte in schweren und anstrengenden Zeiten ganz besonders und extra um uns kümmert. Genau dann, wenn die Füße anfangen weh zu tun, wenn wir müde werden und keine Perspektive mehr für unser Leben haben, wenn uns die Angst im Nacken sitzt, weil wir eine Bedrohung spüren – dann heißt es plötzlich: Setz dich hin, mach Pause, greif zu und stärke dich. Das Tal ist zwar noch nicht zu Ende, aber diese Köstlichkeiten sind nur für dich. Magst du noch was – schau, das Wasser ist ganz frisch – es macht nichts, wenn du etwas davon verschüttest – ich hab noch genug. Trink!!!


Wenn es dir schlecht geht, bist du Gottes ganz besonderer Gast!


Die Frage ist nur: Setzt du dich an seinen Tisch und lässt dir von ihm Essen geben oder versuchst du in dieser Einöde selbst Nahrung zu finden? Z. B. wie wir vorher schon gehört haben: Serien schauen, usw. Womit stärkst du dich? Gott hat den Tisch reich gedeckt z. B. mit prophetischen Worten der Ermutigung, mit Menschen, denen du vertrauen kannst und die für dich beten und dir helfen, mit ehrlicher Gemeinschaft, mit Wahrheiten über Gott in der Bibel, mit Liedern, die dein Herz mit Freude erfüllen usw.


Also: Sich aus der Gemeinde und von Gott in schwierigen Zeiten zurückziehen ist genau verkehrt, auch wenn es der erste Reflex wäre – umgekehrt ist es richtig: Sich zum gedeckten Tisch setzen und zugreifen und dann mit neuer Kraft weitergehen.


Wenn du das so machst, passiert etwas ganz nebenbei – du wirst von zwei Dingen verfolgt!!!! Nicht mehr die Angst sitzt dir im Nacken, sondern:


Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang.


Und: Du kommst letztendlich sicher nach Hause – es gibt kein falsches Ziel:


Und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.


Du hast eine Wohnungszusage, du wirst nicht auf der Straße stehen – jetzt nicht und in der Ewigkeit nicht.

DU HAST EIN ZUHAUSE!


Zusammengefasst kann man also sagen:

Du bist bedürftig wie ein Schaf.

Du brauchst einen Hirten, der den richtigen Weg kennt.

Wenn er geht, gehst du auch, wenn er bleibt, bleibst du auch.

In schwierigen Zeiten sorgt er ganz besonders für dich.

Wenn du bei ihm bleibst, verfolgen dich Gutes und Barmherzigkeit.

Du kannst dich nicht verirren und kommst immer heim.


Wenn du Gott das erste Mal oder neu dein Vertrauen aussprechen und ihm sagen möchtest, dass du ab heute mit ihm wandern willst, dann komm im Anschluss an den Gottesdienst nach vorne zum Gebetsteam.

Und dann lasst uns noch am gedeckten Tisch Gemeinschaft haben!

Amen.


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