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Peter Köttritsch

Ohren auf!

Aktualisiert: 15. Sept. 2022


Heute ist ein denkwürdiger Tag. Zumindest für die USA ist das Datum 9-11 mit einem schrecklichen Szenario verbunden. Mit einem Einschnitt in ihrer Geschichte. Man mit Recht kann sagen: Nach diesem Tag war nichts mehr so, wie es einmal war.

Solche Einschnitte im Leben gibt es immer wieder und es sind nicht immer die großen weltgeschichtlichen Ereignisse, die für uns gefühlt von einem Tag auf den anderen, alles anders werden lassen. Manchmal sind es auch ganz kleine, fast alltägliche Dinge, die aber für uns persönlich plötzlich alles in einem anderen Licht scheinen lassen.



Und es müssen nicht immer negative Dinge sein, die unser Leben so grundlegend verändern. Manches Mal sind es auch positive Dinge, die uns passieren, die unser Leben buchstäblich auf den Kopf stellen. Wenn diese Dinge passieren, dann ist nichts mehr so, wie es einmal war.


Manche der vermeintlichen Drahtzieher von 9-11 sind im „Krieg gegen den Terror“ ums Leben gekommen. Andere sind eingesperrt worden, manche davon sogar, ohne ordentliches Gerichtsverfahren.

Apropos Gericht: Ein Anwalt hält eine glühende Verteidigungsrede für seinen angeklagten Mandanten und sagt dann am Schluss: „Mein Mandant ist schwerhörig. Also konnte er die Stimme seines Gewissens gar nicht hören!“


Aber zurück zu den Einschnitten in unserem Leben: Wenn Menschen Jesus begegnen, dann ist das sehr oft so ein Einschnitt. Dann sind von einem Moment auf den anderen die Dinge die früher unglaublich wichtig waren, plötzlich nur noch Nebensache. Es ist, wie wenn man von einem hohen Berg auf eine Straße herunterschaut und die tonnenschweren LKW nur noch wie winzige Raupen aussehen.

Oder wie es Reinhard Mey in seinem berühmtesten Lied „Über den Wolken“ besungen hat: „Dann ist alles was uns groß uns wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein.“


Genau so ist es ganz vielen Menschen ergangen, von denen wir in den Evangelien lesen, nachdem sie Jesus begegnet sind.

Ich denke da zum Beispiel an den Zöllner Matthäus. Für ihn war Geld und materieller Gewinn lange Zeit das wichtigste im Leben. Er nahm in Kauf, von seinen Mitmen


schen gehasst zu werden, nur um reich zu werden. Aber als er dann Jesus begegnete, war das in seinem Leben so ein besonderer Moment, der alles verändert hat. Plötzlich wird der Gierige großzügig. Unglaublich!

Diese unglaubliche Veränderung können wir nicht nur bei den Personen beobachten, von denen wir in der Bibel lesen. Bis heute sind Menschen, die dem lebendigen Jesus persönlich begegnen, nicht mehr dieselben.

Menschen, die sich nichts zugetraut haben, werden plötzlich zu wahren Helden. Und andere, die jegliche Hoffnung verloren hatten, bekamen nicht nur für sich selbst eine neue Perspektive. Sie wurden zum Vorbild und zur Hoffnungsgestalt für andere.

Es gibt darüber hinaus noch unzählige Berichte, wie sich das Leben von Millionen von Menschen dadurch grundlegend verändert hat, weil sie diesem Jesus begegnet sind.

Wir hören und lesen von Heilungen an Körper, Seele und Geist, sowie von der Heilung in Beziehungen und davon, dass diese Menschen einen echten Sinn in ihrem Leben entdeckt haben.


So einen Bericht, von einem Mann, der Jesus begegnet ist, und dessen Leben danach nicht mehr dasselbe war, möchte ich heute mit euch lesen. Diese Begegnung hinterließ nicht nur für ihn bleibende Spuren, sondern auch für sein ganzes Umfeld.


Wir finden diese Geschichte in Mk 7,31-37:

31 Jesus verließ die Gegend von Tyrus, zog in die Stadt Sidon und von dort weiter an den See Genezareth, mitten in das Gebiet der Zehn Städte.

32 Dort wurde ein Mann zu ihm gebracht, der taub war und kaum reden konnte. Man bat Jesus, dem Mann die Hand aufzulegen und ihn zu heilen.

33 Jesus führte den Kranken von der Menschenmenge weg. Er legte seine Finger in die Ohren des Mannes, berührte dessen Zunge mit Speichel, 34 sah auf zum Himmel, seufzte und sagte: »Effata.« Das heißt: »Öffne dich!«

35 Im selben Augenblick wurden dem Taubstummen die Ohren geöffnet und die Zunge gelöst, so dass er wieder hören und normal sprechen konnte.

36 Jesus verbot den Leuten, darüber zu reden. Aber je mehr


er es untersagte, desto mehr erzählten sie alles herum.

37 Denn für die Leute war es unfassbar, was sie gesehen hatten. »Es ist einfach großartig, was er tut!«, verbreiteten sie überall. »Selbst Taube können wieder hören und Stumme sprechen!«


Jesus war also immer noch „im Ausland“ unterwegs, aber selbst dort war er dafür bekannt, dass er Menschen heilen konnte. Es ist ein Wesenszug Gottes und damit auch von Jesus, dass Menschen in seiner Gegenwart heil werden. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Nachdem wir, als seine Gemeinde heute den Leib Christi in dieser Welt abbilden, ist es genau genommen keine Option, ob wir ein Ort sind, an dem Heilung passiert. Es ist unsere ureigenste Bestimmung. Und das nicht nur im Sozo Dienst, oder wenn z.B. am Ende des Gottesdienstes für Heilung gebetet wird, sondern überall wo du hinkommst, trägst du diese Heilende Gegenwart Gottes mit dir zu allen Menschen, denen du begegnest. Einfach deshalb, weil du zum Leib Christi gehörst! Sei dir dessen bewusst!


Interessant an dieser Geschichte ist auch, dass die Menschen eine genaue Vorstellung davon hatten, wie Jesus den Taubstummen heilen würde: Man bat Jesus, dem Mann die Hand aufzulegen und ihn zu heilen. Offensichtlich hatten sie es einmal- oder vielleicht sogar mehrmals bei Jesus beobachtet und gingen davon aus, dass er das immer so tun würde. Versteht mich nicht falsch: Es spricht überhaupt nichts dagegen, einem Kranken die Hände aufzulegen, wenn wir für ihn beten. Die Bibel fordert uns ja auch dazu auf. Aber es geht beim Händeauflegen nicht um ein magisches Ritual, ohne das, das Heilungsgebet nicht funktionieren würde. Das Händeauflegen kann man mit einer Art Werkzeug vergleichen, aber viel wichtiger ist es dabei, die Brücke zu demjenigen zu bauen, von dem die heilende Kraft kommt: Gott! Das Werkzeug alleine kann gar nichts tun, sondern muss sich gebrauchen lassen.


Jesus legte dem Taubstummen hier nicht die Hände auf, sondern führte ihn zuerst einmal von den vielen Menschen weg. Eine Begegnung mit Jesus ist sehr oft etwas sehr Persönliches, manchmal sogar Intimes. Jesus möchte immer unser Innerstes, unser Herz berühren.

Ich glaube, viele von uns kennen solche Mome


nte und wissen, wovon ich spreche.


Nachdem Jesus mit diesem Mann alleine war, tat er etwas eher Ungewöhnliches: Gut seine Finger in die Ohren zu legen, damit hätten die wenigsten von uns ein Problem, aber seine Zunge mit Speichel zu berühren… Diese Vorstellung ist für uns heute wenig appetitlich. Ich habe keine schlüssige Erklärung dafür gefunden, warum er das getan hat. Das was wir aber trotzdem daraus lernen können, ist dass Jesus manchmal ganz ungewöhnliche Wege (auch mit uns) geht. Letztendlich ist es für uns wichtig darauf zu vertrauen, dass er weiß warum er was tut. Wenn wir ihm vertrauen, dann kann er nämlich großartige Dinge für uns, mit uns und durch uns tun. Selbst wenn das was er tut, und wie er Dinge tut, für uns im ersten Moment wenig Sinn machen.


Und dann heißt es in V34 Er sah auf zum Himmel, seufzte und sagte: »Effata.« Das heißt: »Öffne dich!«

Bevor er in geistlicher Vollmacht handelte, sah er auf zum Himmel. Ich glaube, dass darin „das Geheimnis seines Erfolgs“ lag. Er hat in jeder Situation, bei jeder


Gelegenheit, ja in jeder Sekunde seines Lebens das Angesicht seines Vaters im Himmel gesucht. Ohne seinen Papa ging nichts. Das hat er gewusst und sein ganzes Leben und seinen Dienst danach gestaltet.


Bevor er aber dann dieses entscheidende Wort „Effata“ aussprach, seufzte er. Darüber liest man gerne einfach so hinweg. Aber in der Bibel sind es oft die kleinen, scheinbar unbedeutenden Worte, die doch eine sehr große Bedeutung haben.

Ich habe mich gefragt: Wann seufzt man eigentlich? Immer dann, wenn einem bewusst wird, dass etwas noch nicht so ist, wie es sein sollte.

Manchmal hat Jesus über seine Jünger geseufzt und gefragt: Wie lange muss ich euch noch ertragen? Sie hätten in seinen Augen schon viel weiter im Glauben sein müssen. Wie oft wird er wohl über mich seufzen?

Nicht nur Jesus seufzte: Röm 8, 23

Aber auch wir selbst, denen Gott bereits jetzt seinen Geist als Anfang des neuen Lebens gegeben hat, seufzen in unserem Innern. Denn wir warten voller Sehnsucht darauf, dass Gott uns als seine Kinder zu sich nimmt und auch unseren Körper von aller Vergänglichkeit befreit.


Hier seufzt Jesus, weil er weiß, wie gesundes, von Gott gedachtes Leben für uns Menschen aussehen sollte. Er weiß, dass wir nicht dafür geschaffen wurden um stumm und taub, oder auch blind, oder von Ängsten gefangen, oder sonst irgendwie eingeschränkt, hier auf dieser Erde zu leben. Weder im physischen, noch im geistlichen Bereich. Es klingt hier so, als ob Jesus


das ganze Elend der Menschheit in diesem Moment auf sich nimmt und es mit einem Seufzer vor dem Thron des Vaters niederlegt und fragt: „Wie lange noch?“ Er weiß, dass etwas Besseres, als diese Welt noch kommen wird.

Überall dort, wo das Reich Gottes aufblitzt, dort können wir einen Blick hineinwerfen, wie es einmal sein wird. Immer dann, wenn ein Mensch geheilt, oder freigesetzt wird, immer wenn Liebe sich als Sieger erweist, immer dann, wenn ein Mensch von neuem geboren wird, dann ist es so, wie es sein sollte. Dann findet das Leben statt, zu dem Gott uns eigentlich geschaffen hat. All das hat Jesus in diesem Seufzen gesehen, auch in dem Wissen, dass es für Gottes auserwählte Kinder unaufhaltsam kommen wird. Dass die Zeit, in der Satan uns Menschen knechten kann ein Ablaufdatum hat.

Darauf warten wir. Darauf bereiten wir uns vor. Weil: Dass diese neue Welt kommen wird, ist gewiss. Gott hat es versprochen!


Weil Jesus das weiß, und auch weil er seine Bestimmung kannte, hat ein einziges Wort gereicht um die Ohren und die Zunge dieses Mannes in seinen schöpfungsgemäßen Zustand zurück zu versetzen. Mehr noch: Das Wunder ist ja noch größer als es im ersten Moment scheint. Wenn jemand sein ganzes Leben gehörlos war, dann kann er nicht gleich sprechen. Selbst dann, wenn, wie es wörtlich heißt, die Fessel seiner Zunge gelöst wurde. Er müsste normalerweise das Sprechen, wie ein kleines Kind erst lernen. Er hat bisher ja noch nie Worte gehört. Aber dieser Mann konnte gleich richtig sprechen. Halleluja! Jesus macht eben keine halben Sachen.


Als Jesus dann zusammen mit dem gerade geheilten Mann zu den Anderen zurückkehrte, hat Jesus den Leuten verboten über das Erlebte zu berichten. Ist das nicht eh


er kontraproduktiv? Ist es nicht ermutigend, die „Typisch Gott“ Geschichten einander zu erzählen? Stärkt das nicht den Glauben?

Entweder wandte Jesus eine List an, weil er wusste, dass die Leute erst recht darüber sprechen, wenn es verboten ist. So wie der deutsche Kaiser Friedrich der Große seine Untertanen dazu bringen wollte, Kartoffeln zu essen. Wir kennen das Sprichwort: „Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht.“ Die Bauern zu jener Zeit standen dieser neuen Frucht aus Amerika sehr skeptisch gegenüber. Also griff der Kaiser zu einer List: Er ließ einen Kartoffelacker anbauen und tagsüber von Soldaten bewachen. In der Nacht kamen dann die Bauern der Umgebung, gruben die Kartoffeln aus und entdeckten, dass sie gut schmecken. 😊

Entweder wendete Jesus auch so eine List an, oder – und das ist für mich die naheliegendere Erklärung – er wollte nicht bloß als der Wunderwirker gesehen werden. Er war und ist der Erlöser der Welt. Die Zeichen und Wunder die er tat, waren Begleiterscheinung, aber nicht Ziel seiner Mission. Auch wir tun gut daran, bei aller Begeisterung für das übernatürliche Wirken des Heiligen Geistes unter uns, nicht bei den Wundern stehen zu bleiben, sondern das Reich Gottes dabei im Blick zu haben.

Unsere Typisch Gott Geschichten sind super und ich freue mich, dass wir einander jeden Sonntag etwas zu berichten haben, was Gott unter uns tut. Aber es geht nicht darum, was wir erleben, sondern darum, was er tut. Ihm allein gebührt die Ehre dafür!


Die Leute, die diese Heilung miterlebt haben konnten am Ende dieses Textes ganz richtig feststellen: Es ist einfach großartig, was er tut!

Dem möchte ich noch hinzufügen: Es ist noch viel großartiger, wer er ist!



Was können wir jetzt für uns heute von dieser Geschichte mitnehmen?

Meine physischen Ohren sind meinem Alter entsprechend soweit OK. Ich hoffe, eure Ohren auch. Sonst könntet ihr mir gar nicht zuhören. 😊 Aber meine geistlichen Ohren dürfen ruhig noch mehr geöffnet werden. Ja, ich höre Gottes Stimme, aber halt nur sehr bruchstückhaft und sehr oft wird das Reden Gottes zu meinen geistlichen Ohren überlagert von seelischen- vielleicht manchmal auch teuflischen Stimmen, die mir einflüstern wollen: Das passt jetzt nicht, das kannst du nicht, oder das freut mich jetzt nicht. Kennst du das auch?




Ich finde es echt toll, dass das „auf Gottes Stimme hören lernen“ einen so großen Stellenwert in unserer Gemeinde hat. Und dass viele von uns das Wort aus 1. Kor 14,1 sehr ernst nehmen und sich nach den prophetischen Gaben ausstrecken.


Aber ganz besonders freue mich und bin erleichtert darüber, dass es nicht nur an mir und meinem Bemühen liegt, Gottes Stimme wirklich zu hören. Jesus selbst ist es ein großes Anliegen, dass wir ihn, nicht nur am Sonntag, sondern immer und überall wahrnehmen können. Er kann und er will uns allen die geistlichen Ohren öffnen. Dafür ist er gekommen! In Anlehnung an seine „Antrittspredigt“ in Lk 4 kann man sagen: Er ist gekommen, damit die Blinden sehend und die Tauben hörend werden. Das gilt sowohl für den physischen, als auch für den geistlichen Bereich.


Wenn das geschieht, dann können wir voller Überzeugung in das Zitat aus dem Propheten Jesaja mit einstimmen: Er hat alles wohl gemacht – großartig ist alles, was er tut!

Und dann wird jeder Moment unseres Lebens zu einer Jesus Begegnung, die nicht nur mein und dein Leben, sondern auch das Leben unserer Mitmenschen nachhaltig verändern wird.



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